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„Die überwiegende Mehrheit steht zu dem Pakt“

10.12.2018 - Interview

Außenminister Heiko Maas im Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung zum UN-Migrationspakt.

Fake News in den sozialen Netzwerken haben nach Ihren Worten die Debatte um den UN-Migrationspakt geprägt. Nach den USA wollen viele andere Staaten diese Absichtserklärung nicht mehr. Selbst die Schweiz, die die Verhandlungsführung innehatte, trat auf die Bremse. Ist der Pakt tot oder gelingt Ihr Versuch der Wiederbelebung?

Eine Wiederbelebung ist nicht notwendig. Über 180 Staaten sind dabei, weniger als 15 ausgeschert. Diese Zahlen zeigen: die überwiegende Mehrheit steht zu dem Pakt. Aber: Ja, wir müssen uns darauf einstellen, dass in der politischen Debatte zunehmend und sehr gezielt mit Desinformationen gearbeitet wird, die über soziale Netzwerke mit großer Reichweite gestreut werden. Die Kampagne gegen den Migrationspakt war nur ein Vorgeschmack darauf, was uns etwa bei der Europawahl bevor steht. Ich befürchte, der Wahlkampf wird eine nächste große Bühne für Manipulationsversuche. Dagegen müssen wir uns alle wappnen: Politiker, Medien und Zivilgesellschaft. Gegen gezielte Desinformationskampagnen hilft vor allem eines: Wir müssen die Fakten offenlegen, um die Tatsachen klar von Lügen und „fake news“ abzugrenzen.

Aber der Hinweis auf unglückliche Formulierungen ist doch nicht aus der Luft gegriffen, ebenso der Widerspruch, dass die Politik in Deutschland die Unverbindlichkeit des Paktes betont, aber zugleich erwartet, dass sich andere Länder daran halten...

Wenn es stimmen würde, was Sie sagen, hätte es auch die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte nie geben dürfen. Sie wird 70 Jahre alt, ist ein großer Fortschritt der Menschheit und ist in ihrem rechtlichen Charakter dem Migrationspakt ähnlich. Wenn man ihn sich anschaut, wird man feststellen, dass die einzelnen Punkte in Deutschland überwiegend längst Realität sind. Das ist aber leider nicht überall auf der Welt so. Wenn sich alle bei dem Thema Fluchtursachen, Rückführung und Schleuserei so engagieren, wie wir das tun, würde es auf der Welt weniger Migration geben, und das ist unser Ziel. Es ist ein großer Erfolg, dass sich so viele Länder auf die Ziele im Grundsatz verständigt haben. Zweck des Paktes ist es, Migration zu reduzieren: Wenn Menschen in ihrer Heimat eine bessere Lebensperspektive haben, werden sie sich seltener aufmachen, um anderswo in der Welt ihr Glück zu suchen.

Wenn Sie sagen, der Pakt sei in Deutschland überwiegend erfüllt: In welchen Punkten ist er es nicht, und was schwebt Ihnen vor, um sie umzusetzen?

Wir haben nach meiner Überzeugung keinen gesetzlichen Umsetzungsbedarf in Deutschland. Wohl aber wollen wir thematisieren, welche politischen Schwerpunkte wir bei der Migration setzen wollen. Dazu zählen die Bekämpfung von Fluchtursachen und die Stärkung des internationalen Kampfes gegen Schleuserkriminalität. Darüber hinaus wollen wir Rückführungen vereinfachen und verstärkt anstreben. Dabei wird es helfen, wenn zum Beispiel Länder wie Marokko sich in dem Pakt dazu bereiterklären. So können wir sie in die Pflicht nehmen - zwar nicht rechtlich, aber politisch.

Neue Osnabrücker Zeitung

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