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Rede von Staatsministerin Cornelia Pieper vor der Generalkonferenz der UNESCO am 28.10.11 in Paris

28.10.2011 - Rede

Sehr geehrte Frau Generaldirektorin der UNESCO, liebe Irina Bokova,
Exzellenzen, sehr geehrte Damen und Herren,

Vor 60 Jahren wurde Deutschland Mitglied der UNESCO. Seitdem bringen wir für den globalen Auftrag der UNESCO wissenschaftliche Expertise und erhebliche intellektuelle und finanzielle Ressourcen in nahezu alle Sektoren ein, budgetär und extrabudgetär, über Experten, Regierung und Zivilgesellschaft. Heute sind wir drittgrößter Beitragszahler.

Der Name der UNESCO hat in Deutschland einen guten Ruf. Als Land der Ideen, als Land mit einer reichen kulturellen und wissenschaftlichen Tradition wollen wir auch weiterhin die wichtige Arbeit der UNESCO unterstützen und aktiv mitgestalten.

Wir sehen aber nicht nur auf das, was wir in dieses multilaterale Forum der UNESCO einbringen können. Wir sind auch offen für das Lernen im globalen Austausch. Politische oder geographische Grenzen verlieren zunehmend ihre Bedeutung: Afrikanische Fragen betreffen den europäischen Kontinent so unmittelbar wie die Lateinamerikas oder Asiens. Der Klimawandel ist eine Herausforderung, die sich nur global bewältigen läßt. Mit neuen Partnern verbinden Deutschland bereits lange Freundschaften. Es gilt, die Chancen, die von einer globalisierten und sich ständig verändernden Welt ausgehen, zu ergreifen.

Dass uns dies im Rahmen der UNESCO gelingt, zeigt sich an einer intensiven Vernetzung deutscher Einrichtungen in nahezu all ihren Programmen und Projekten. Der Blick auf die deutschen Welterbestätten, Biosphärenreservate, UNESCO-Projektschulen und -Lehrstühle sowie Eintragungen ins Register des Weltgedächtnisses machen deutlich, dass von der UNESCO entwickelte Initiativen in Deutschland einen fruchtbaren Niederschlag finden.

Die Geschwindigkeit, mit der Veränderungen heute erfolgen, ist gewaltig. Wir erleben eine Zeit des Umbruchs: Finanz- und Wirtschaftskrise treffen uns, wir spüren die Folgen des Umwelt- und Klimawandels, der ganze Länder von der Landkarte zu spülen droht und zur sicherheitspolitischen Herausforderung wird, Ressourcenverknappung und Armut fordern uns heraus. Die Frage von Wasser hat heute ebenso strategische Bedeutung wie die der Energie. Nur wenn wir in den Vereinten Nationen handlungsfähig sind, können wir die globalen Veränderungen gestalten. Probleme werden wir nur lösen, wenn die Weltgemeinschaft zusammen steht. Diese Weltgemeinschaft muss sich auch als Wertegemeinschaft verstehen.

Eine Welt der partnerschaftlichen Zusammenarbeit ist die beste Voraussetzung für Frieden, für Sicherheit, für Entwicklung, und für Wohlstand. Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation, die Kernsäulen der UNESCO-Arbeit, sind dafür wesentlich. Es wird darauf ankommen, die Arbeit der UNESCO effizienter zu gestalten und ihre Relevanz sichtbarer zu machen. Ich freue mich, dass durch die Einbeziehung der Bildung in die Millenium Development Goals ein wesentlicher Fortschritt gelungen ist. Man kann eine der Forderungen der UNESCO-Verfassung nicht oft genug wiederholen: „Ein ausschließlich auf politischen und wirtschaftlichen Abmachungen von Regierungen beruhender Friede kann die einmütige, dauernde und aufrichtige Zustimmung der Völker der Welt nicht finden. Friede muss - wenn er nicht scheitern soll - in der geistigen und moralischen Solidarität der Menschheit verankert werden.“

Wissen und Bildung werden immer mehr zu der entscheidenden Ressource für Wohlstand und Entwicklung. Wir werden auf Kreativität Aller setzen müssen, um die drängenden Weltprobleme lösen zu können. In der Globalisierung kommt der Qualität der Bildungssysteme eine entscheidende Bedeutung zu.

Bildung ist unsere wichtigste Ressource für eine friedliche Welt. Angesichts der Eurokrise sollten wir nicht davor zurückschrecken, mehr in Bildung zu investieren. Da teile ich die Auffassung des amerikanischen Staatsmannes Benjamin Franklin: „Eine Investition in Wissen bringt immer noch die besten Zinsen.“ Die deutsche Regierung investiert trotz aller Sparanstrengungen innerhalb von vier Jahren 12 Mio € mehr in Bildung und Forschung.

Der Begriff der Bildung muss dabei weit und innovativ verstanden werden: Nicht nur Bildung für Alle, Schulen und Hochschulen, sondern auch Konzepte einer Bildung für Nachhaltigkeit, Berufsbildung und Lebenslanges Lernen werden immer wichtiger. Die UNESCO hat sich dieser Themen mit viel Engagement angenommen, und auch darin wollen wir sie nachhaltig unterstützen. Wir freuen uns sehr, dass mit dem UNESCO-Institut für Lebenslanges Lernen in Hamburg, und mit dem Internationalen Zentrum der UNESCO für berufliche Bildung in Bonn, zwei wichtige Einrichtungen in Deutschland beheimatet sind.

Deutschland arbeitet aktiv in der UNESCO mit, um die Forderungen nach Friedenssicherung umzusetzen. Die Bundesregierung wurde mehrfach in den Exekutivrat gewählt. Sie ist jetzt Vizepräsident dieser Generalkonferenz. Dies ist ein deutliches Zeichen des Vertrauens, das andere Mitgliedstaaten in unsere Arbeit in der UNESCO legen. Nun ziehen wir uns für die nächste Wahlperiode aus dem Exekutivrat zurück, um uns mit ganzer Kraft unserer Kandidatur für das Welterbekomitee zu widmen. Wir hoffen sehr, dort künftig unseren fachkundigen Beitrag noch intensiver leisten zu dürfen!

Nicht erst die letzten Jahre haben gezeigt, dass Politik auch die Weitsicht und Disziplin erfordert, wichtige Ziele mit begrenzten Mitteln zu erreichen. In einer sich verändernden Welt müssen auch Organisationen wie die UNESCO ihre Strukturen und ihr Handeln einer noch intensiveren kritischen Prüfung unterziehen und sich weiter entwickeln. Dazu zählen klare Prioritäten, moderne Prozesse und die kompromisslose Ausrichtung auf Ergebnisse. VN-GS Ban Ki Moon hat in einem Schreiben alle VN-Organisationen aufgefordert, nach Sparmöglichkeiten zu suchen. Das ist keine einfache Auflage. Dennoch:

Sie, verehrte Frau Generaldirektorin, haben Ihre Entschlossenheit zur Reform der UNESCO deutlich gemacht. Auch haben Sie sich für eine effizientere Arbeitsteilung mit anderen VN-Organisationen eingesetzt. Dafür gebührt Ihnen unsere Anerkennung. Ich möchte Sie ermutigen, die Umsetzung der begonnenen Reformen voranzubringen. Deutschland wünscht sich eine starke UNESCO, die einen wirkungsvollen Beitrag zur humanen Gestaltung der Globalisierung leistet.

Deutschland ist und bleibt ein verlässlicher und konstruktiver Partner der UNESCO. Wir werden auch in Zukunft unseren Beitrag leisten, damit die UNESCO ihre wichtige Aufgabe im UN-System erfüllen kann.

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