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Diplomatische Immunität – Bedeutung und Grenzen

Foto von Artikel 31 (Diplomatische Immunität) des Wiener Übereinkommen über Diplomatische Beziehungen

Diplomatische Immunität - geregelt im Wiener Übereinkommen über Diplomatische Beziehungen, © Auswärtiges Amt

03.02.2020 - Artikel

Diplomatinnen und Diplomaten haben Immunität – so viel ist allgemein bekannt. Aber was bedeutet das in der Praxis und wo liegen die Grenzen? Warum die Immunität trotz mancher Kritik auch heute noch ihre Berechtigung hat und warum unverletzlich nicht gleich unverwundbar ist, erfahren Sie hier.

Wer genießt Immunität?

Immunität bedeutet – soweit es nicht um Impfungen geht – einen rechtlichen Schutz vor Strafverfolgung. Bei Diplomatinnen und Diplomaten beruht sie auf einer historischen Sonderbehandlung, die den Vertretern anderer Staaten entgegen gebracht wurde. Diese ungeschriebenen Regeln wurden Anfang der 60er Jahre in dem Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen (WÜD) und dem Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen (WÜK) ausbuchstabiert.

Ob sich eine Diplomatin oder ein Diplomat auf Immunität berufen kann, lässt sich nicht allein am (Diplomaten-)Pass erkennen. Denn für die Immunität kommt es darauf an, ob die Diplomatin oder der Diplomat in einem Land akkreditiert ist. In der Regel lässt sich das am Protokollausweis erkennen.

Umfang und Grenzen der Immunität

Die Immunität schützt nicht nur vor strafrechtlicher Verfolgung, sondern zum Beispiel auch vor zivilgerichtlichen Klagen. Artikel 31 WÜD sieht nur wenige Ausnahmen vor. Auch schützt die Immunität nur im Gastland: das heißt Diplomaten und Diplomatinnen genießen in ihren Heimatländern keinen Sonderstatus.

(1) Der Diplomat genießt Immunität von der Strafgerichtsbarkeit des Empfangsstaats. Ferner steht ihm Immunität von dessen Zivil- und Verwaltungsgerichtsbarkeit zu; ausgenommen hiervon sind folgende Fälle:

a) dingliche Klagen in Bezug auf privates, im Hoheitsgebiet des Empfangsstaates gelegenes unbewegliches Vermögen, es sei denn, dass der Diplomat dieses im Auftrag des Entsendestaats für die Zwecke der Mission im Besitz hat;

b) Klagen in Nachlasssachen, in denen der Diplomat als Testamentsvollstrecker, Verwalter, Erbe oder Vermächtnisnehmer in privater Eigenschaft und nicht als Vertreter des Entsendestaats beteiligt ist;

c) Klagen im Zusammenhang mit einem freien Beruf oder einer gewerblichen Tätigkeit, die der Diplomat im Empfangsstaat neben seiner amtlichen Tätigkeit ausübt.

(2) Der Diplomat ist nicht verpflichtet, als Zeuge auszusagen.

(3) Gegen einen Diplomaten dürfen Vollstreckungsmaßnahmen nur in den in Absatz 1 Buchstaben a, b und c vorgesehenen Fällen und nur unter der Voraussetzung getroffen werden, dass sie durchführbar sind, ohne die Unverletzlichkeit seiner Person oder seiner Wohnung zu beeinträchtigen.

(4) Die Immunität des Diplomaten von der Gerichtsbarkeit des Empfangsstaats befreit ihn nicht von der Gerichtsbarkeit des Entsendestaats.

Auch wenn sie in dem Gastland nicht rechtlich belangt werden können, stellt Artikel 41 Abs. 1 des WÜD klar, dass Diplomatinnen und Diplomaten trotzdem die Gesetze des Empfangsstaates zu beachten haben. Diese völkerrechtlichen Vorgaben setzt das Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) für die deutsche Rechtsordnung um. So bestimmt dessen § 18, dass deutsche Gerichte für Diplomaten und Diplomatinnen nicht zuständig sind – damit können sie nicht Gegenstand eines Gerichtsverfahrens sein. Dementsprechend entscheiden Gericht nicht über Schuld oder Unschuld von ausländischen Diplomatinnen und Diplomaten.

Staatlicher Auftrag und Schutz vor Einflussnahme

Buch mit dem Titel Diplomatic Immunity
Buch mit dem Titel „Diplomatic Immunity“© Auswärtiges Amt

Aber warum gibt es all diese Vorrechte? Das erklärt sich aus der Aufgabe von Diplomatinnen und Diplomaten, wie die Präambel des WÜD erläutert. Hier wird bestimmt, dass die Vorrechte nicht dem Zweck dienen, Einzelne zu bevorzugen, sondern zum Ziel haben, den diplomatischen Missionen die wirksame Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu gewährleisten. Zu diesen Aufgaben gehört es gemäß Artikel 3 WÜD z.B., den Heimatstaat und dessen Interessen im Gastland zu vertreten und Informationen über das Gastland für seinen Heimatstaat zusammenzutragen. Diese Aufgaben im Auftrag des Heimatstaates kann ein Diplomat oder eine Diplomatin jedoch nur richtig wahrnehmen, wenn er oder sie diese unabhängig und ohne Einfluss des Gastlandes ausüben kann. Die Vorrechte dienen also insbesondere dazu, die Unabhängigkeit vom Gastland zu wahren, indem zum Beispiel Androhung von Haft oder rechtlichen Konsequenzen von vornherein ausgeschlossen werden. Gleichzeitig sind sie aber auch Ausdruck der Wertschätzung für das jeweils andere Land, das die Diplomatin oder der Diplomat vertritt.

Unverletzlichkeit und weitere Vorrechte

Die weithin bekannte Immunität wird flankiert durch den Grundsatz der Unverletzlichkeit der Diplomatin oder des Diplomaten. Denn die Immunität schützt zunächst nur vor gerichtlichen Verfahren, aber nicht vor polizeilichen Zwangsmaßnahmen, wie zum Beispiel einer Festnahme. Dass Diplomatinnen und Diplomaten nicht verhaftet werden dürfen oder andere Konsequenzen fürchten müssen, begründet sich mit der Unverletzlichkeit in Artikel 29.

Die Person des Diplomaten ist unverletzlich. Er unterliegt keiner Festnahme oder Haft irgendwelcher Art.

Der Empfangsstaat behandelt ihn mit gebührender Achtung und trifft alle geeigneten Maßnahmen, um jeden Angriff auf seine Person, seine Freiheit oder seine Würde zu verhindern.

Das WÜD sieht daneben noch weitere Vorrechte, wie zum Beispiel eine Befreiung von bestimmten Steuern oder der Sozialversicherungspflicht, vor. Einkommenssteuern und Ähnliches fallen stattdessen in der Regel im Heimatstaat des Diplomaten bzw. der Diplomatin an. Gebühren und Abgaben für Dienstleistungen wie z.B. die Müllabfuhr sind jedoch auch von Diplomatinnen und Diplomaten zu zahlen.

Was tun bei ständigen Rechtsverstößen?

Auch wenn keine rechtliche Handhabe besteht, so halten sich doch die allermeisten Diplomatinnen und Diplomaten an die örtlichen Gesetze. Als Repräsentantinnen und Repräsentanten ihres Staates im Gastland beeinflusst das Verhalten von Diplomatinnen und Diplomaten auch das Ansehen ihres Landes insgesamt. Es liegt daher schon im eigenen Interesse der Botschaften, dass ihre Diplomatinnen und Diplomaten nicht durch Missachtung der örtlichen Gesetze negativ auffallen.

Bei häufigen Verstößen werden diese oft auch vom Außenministerium mit der jeweiligen Botschaft in Gesprächen thematisiert. In einem solchen Gespräch könnte beispielsweise das Außenministerium die Botschaft bitten, einen bestimmte Diplomatin oder Diplomaten abzuziehen. Einer solchen Bitte wird im Regelfall Folge geleistet. Im Extremfall kann eine Diplomatin oder ein Diplomat als letzte Konsequenz auch zur „persona non grata“ erklärt werden und muss dann abberufen werden. Der Entsendestaat ist hierzu völkerrechtlich verpflichtet. Weitere Informationen zur Erklärung zur persona non grata finden Sie hier.

Die strafrechtliche Immunität schützt eine Diplomatin oder einen Diplomat nicht im eigenen Herkunftsstaat. Hier kann er in jedem Fall zur strafrechtlichen Verantwortung gezogen werden.

Immunität in weiteren Fällen

Die Diplomatinnen und Diplomaten sind nicht die einzigen, die Immunität genießen. Auch entsandte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Konsulaten genießen ähnliche – aber reduzierte- Rechte nach den Vorgaben des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen.

Auch Repräsentantinnen und Repräsentanten eines Staates genießen bei offiziellen Besuchen in einem Land Immunität. Das gilt insbesondere für Staats- und Regierungschefs sowie für Außenminister und ihre Begleitung. Sie sollen ihr Land im Ausland ohne Einschränkungen vertreten dürfen.

Daneben gelten auch für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Internationalen Organisationen ähnliche Regeln. Diese richten sich nach den VN-Abkommen bzw. bei anderen Organisationen nach dem jeweiligen Sitzabkommen.

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