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Grundlagen der humanitären Hilfe: Wie Deutschland hilft

15.03.2023 - Artikel

Was ist humanitäre Hilfe? An welchen Prinzipien orientiert sie sich? Welche Aufgaben hat das Auswärtige Amt?

Hilfe für Binnenflüchtlinge in Jonglei/Südsudan
Hilfe für Binnenflüchtlinge in Jonglei/Südsudan© picture alliance / dpa

Was ist humanitäre Hilfe?

Humanitäre Hilfe unterstützt Menschen, die sich aufgrund von Krisen, Konflikten oder Naturkatastrophen in einer akuten Notlage befinden und diese aus eigener Kraft nicht bewältigen können. Ihr Ziel ist es, betroffenen Menschen ein Überleben in Würde und Sicherheit zu ermöglichen, ihnen eine Lebensperspektive zu geben und Leid zu lindern.

In der Natur humanitärer Hilfe liegt, dass sie häufig in einem schwierigen Umfeld, unter schlechten Sicherheitsbedingen und unter hohem Zeitdruck geleistet wird. Daher ist es wichtig, dass sich die Arbeit an klaren Prinzipien orientiert.

Die humanitären Prinzipien

Zentrale Grundlage der deutschen humanitären Hilfe sind die humanitären Prinzipien. Diese beruhen auf Grundsätzen der Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung, die zu humanitärem Völkerrecht weiterentwickelt wurden. Die Prinzipien „Menschlichkeit“, „Neutralität“ und „Unparteilichkeit“ wurden mit der Resolution 46/182 der VN-Generalversammlung 1991 als Basis der weltweiten humanitären Hilfe anerkannt. 2003 wurden sie mit der Resolution 58/114 um das Prinzip „Unabhängigkeit“ erweitert.

Im Einzelnen:

Das Prinzip der Menschlichkeit gebietet, menschliches Leid wo immer möglich zu lindern und dabei den am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen besondere Aufmerksamkeit zu widmen.

Das Prinzip der Unparteilichkeit besagt, dass sich die Hilfe allein nach dem Bedarf richtet. Sie darf nicht zwischen Bevölkerungsgruppen oder etwa aufgrund von Alter, Geschlecht oder Religionszugehörigkeit diskriminieren.

Das Neutralitätsprinzip verbietet es, in Konfliktsituationen bestimmte Seiten zu bevorzugen oder Partei zu ergreifen. Nicht zuletzt für ihren Zugang zu Menschen in Not und die Sicherheit der humanitären Helferinnen und Helfer ist es wichtig, dass Hilfsorganisationen wahrgenommen werden.

Das Prinzip der Unabhängigkeit trennt humanitäre Ziele einerseits klar von politischen, militärischen, wirtschaftlichen oder sonstigen Zielen andererseits. Der einzige legitime Zweck der humanitären Hilfe ist es, Leben zu retten und Leid zu lindern.

Grundsätze der Gestaltung der deutschen humanitären Hilfe

Prinzipienorientierte humanitäre Hilfe ist bedarfsorientiert und wird durch unabhängige, meist nicht-staatliche Organisationen geleistet, die sich zur Achtung der humanitären Prinzipien bekennen. Diese Organisationen leisten benötigte Hilfe – zum Teil gemeinsam mit lokalen Partnerorganisationen direkt an die Betroffenen.

Entscheidendes Kriterium für die Hilfeleistung ist der humanitäre Bedarf. Dabei wird Hilfe subsidiär – nachrangig - geleistet. Das bedeutet, dass Regierung und Behörden des betroffenen Landes immer die Hauptverantwortung für den Schutz und die Versorgung ihrer Bevölkerung tragen. Internationale humanitäre Hilfe wird erst dann geleistet, wenn die Regierung des betroffenen Staates oder andere Akteure dies nicht ausreichend tun können oder wollen.

Dabei soll humanitäre Hilfe stets so geleistet werden, dass sie die dringendsten Bedarfe zuerst deckt und keine schädlichen Nebenwirkungen hat, also sich nicht nachteilig auf die Umwelt oder Konflikte auswirkt. Auf Englisch wird dies mit dem Begriff „do no harm“ beschrieben. Auch ist zentrales Anliegen der deutschen humanitären Hilfe, Gleichstellung und Inklusion zu berücksichtigen, denn Bedarfe variieren aufgrund von Geschlecht, Alter oder eventueller Behinderung einer Not leidenden Person.

Was tut das Auswärtige Amt?

Portrait von Luise Amtsberg, Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe
Luise Amtsberg, Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und humanitäre Hilfe© Marco Fischer

Innerhalb der Bundesregierung ist das Auswärtige Amt für die humanitäre Hilfe zuständig. Sein Netzwerk der Auslandsvertretungen spielt eine entscheidende Rolle für die Berichterstattung und den Kontakt mit Betroffenen und Hilfsorganisationen vor Ort. Seit dem 5. Januar 2022 ist Luise Amtsberg die Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechte und humanitäre Hilfe. Sie ist Ansprechpartnerin im Auswärtigen Amt in Fragen der humanitären Hilfe und hält Kontakt zu den relevanten Partnerinstitutionen in diesem Bereich.

Die im April 2019 veröffentlichte „Strategie des Auswärtigen Amts zur humanitären Hilfe im Ausland“ definiert Schwerpunktbereiche und die Fördermodalitäten der humanitären Hilfe Deutschlands.

Im Jahr 2022 hat das Auswärtige Amt 3,2 Mrd. Euro für humanitäre Hilfe bereitgestellt. Das Auswärtige Amt unterstützt humanitäre Hilfsmaßnahmen, die von Organisationen der Vereinten Nationen, der Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung sowie von deutschen, internationalen und lokalen humanitären Nichtregierungsorganisationen durchgeführt werden – es leistet also nicht selbst Hilfe vor Ort.

Vorausschauende humanitäre Hilfe

Vorausschauende humanitäre Hilfe umfasst eine Vielzahl von Ansätzen und Instrumenten, die es ermöglichen, bereits vor dem Einsetzen einer akuten Krise aktiv zu werden. Sie investiert maßgeblich in Prävention, damit humanitäre Notlagen gar nicht erst entstehen. Diese Art der humanitären Hilfe baut auf Frühwarnsysteme: Anhand von datenbasierten Vorhersagen und Analysen werden Frühwarnungen für eskalierende Lagen getroffen. Ausgehend davon werden konkrete, frühzeitige humanitäre Vorsorgemaßnahmen zur unmittelbaren Risikoreduktion ausgelöst – beispielsweise die vorübergehende Evakuierung von Menschen und Tieren in weniger von einem Unwetter betroffene Gebiete. Damit humanitäre Hilfe vorausschauend eingesetzt werden kann, ist es notwendig, Frühwarnmechanismen zu fördern, die Leistungs- und Reaktionsfähigkeit von humanitären Akteuren zu stärken und Finanzierungsmechanismen für vorausschauende humanitäre Hilfe zu etablieren.

Humanitäres Minen- und Kampfmittelräumen

Humanitäres Minen- und Kampfmittelräumen gehört ebenfalls zum Bereich der humanitären Hilfe. Durch Erfassung und Beseitigung von Anti-Personenminen, Minen improvisierter Art und explosiven Kampfmittelrückständen sowie durch Gefahrenaufklärung und Opferfürsorge werden Leben gerettet und Leid wird vermindert. Humanitäres Minen- und Kampfmittelräumen trägt auch dazu bei, dass die Grundlage für die Rückkehr von Geflüchteten und Vertriebenen, für gesellschaftliche Aussöhnung, Wiederaufbau sowie langfristige wirtschaftliche Entwicklung gelegt wird.

Humanitäre Bedarfe nicht nur decken, sondern auch reduzieren

Um den kontinuierlich steigenden humanitären Bedarfen gerecht zu werden, muss humanitäre Hilfe einerseits noch effizienter und effektiver werden. Andererseits muss mehr dafür getan werden, unnötigem Leid vorzubeugen, humanitäre Bedarfe gar nicht erst entstehen zu lassen und den betroffenen Menschen zum frühestmöglichen Zeitpunkt bei der Rückkehr in ein normales Leben zu helfen. Ziel ist,

  • das Entstehen und Anwachsen von humanitären Krisen – und damit menschliches Leid – zu verhindern,
  • humanitäre Bedarfe sowie die Abhängigkeit von humanitärer Hilfe zu reduzieren,
  • humanitäre Notsituationen zu einem möglichst frühzeitigen Ende zu bringen.

Dafür ist wichtig, humanitäre Hilfe, Entwicklungszusammenarbeit und Friedensförderung, wo immer möglich, besser miteinander zu verzahnen. Diesen verzahnten Ansatz nennt man den Humanitarian-Development-Peace-Nexus.

Einsatz für ein verbessertes humanitäres System

Als weltweit zweitgrößter humanitärer Geber engagiert sich das Auswärtige Amt für die Verbesserung des humanitären Systems. Denn die Bedarfe übersteigen die weltweit bereitgestellten Mittel bei weitem. Deshalb ist es wichtig, dass die Hilfe effizienter geleistet wird. Dafür setzt sich Deutschland unter anderem ein im Reformprozess Grand Bargain oder durch eine Stärkung der vorausschauenden humanitären Hilfe.

Weitere Informationen

Hintergrund: Wichtige Grundlagendokumente der humanitären Hilfe

Beauftragte für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe

Relief Web : Digitaler Service von VN-OCHA mit aktuellen Berichten, Karten und Zahlen zu humanitären Krisen weltweit.

FTS : Financial Tracking Service: Von VN-OCHA betreute globale Datenbank, in der alle gemeldeten internationalen humanitären Hilfsleistungen erfasst werden.

EDRIS : Von ECHO betreute Datenbank, in der alle Finanzierungsbeiträge von ECHO und den EU-Mitgliedsstaaten aufgeführt sind.

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