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Vergessene Krisen: „Etwas Reis am Nachmittag“ – Katastrophenvorsorge in Zentralamerika

Eine Frau mit einem Baby auf dem Arm erhält Bananen und Kartoffeln

Eine Frau erhält Nahrungsmittel in Moyuta, Guatemala, © World Food Programme Guatemala

29.08.2020 - Artikel

Deisy Xiomara Castro, eine alleinerziehende Mutter aus Honduras, verdiente früher fünf Dollar am Tag - mit dem Waschen von Wäsche. Damit konnte sie sich und ihre sechs Kinder ernähren.

Freiwillige in Honduras verteilen Masken zum Schutz vor dem Corona-Virus
Freiwillige in Honduras verteilen Masken zum Schutz vor dem Corona-Virus© SOPA Images via ZUMA Wire / Picture Alliance

Nun hat sie keine Arbeit mehr, da ihre früheren Kunden selbst ihren Job verloren haben oder aus Angst vor der Infektion mit Covid-19 den Kontakt mit anderen meiden. „Es ist sehr schwierig.“, sagt Frau Castro. „Seit Tagen gibt es bei uns nur eine Mahlzeit täglich. Ich kann meinen Kindern nicht mehr geben als ein bisschen Kaffee am Morgen und etwas Reis am Nachmittag.“

Frau Castro ist kein Einzelfall: in einer Region, in der ca. 70 % der Bevölkerung im informellen Sektor arbeiten, haben die Lockdowns dramatische Auswirkungen auf das Einkommen der Menschen. Viele haben schon jetzt ihre Verdienstmöglichkeit verloren, während die Lebensmittelpreise teils weit über dem 5-Jahres-Durchschnitt liegen. Nach Berechnungen des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen könnte die Zahl jener, die in Lateinamerika von akuter Nahrungsmittelunsicherheit betroffen sind, auf 16 Mio. Menschen ansteigen.

Die Folgen der Pandemie treffen die Menschen in Zentralamerika zum Teil besonders hart, da sich hier mehrere Krisen überlappen: Schon vor Ausbruch der COVID-19-Pandemie waren 5,2 Mio. Menschen in Guatemala, El Salvador und Honduras auf humanitäre Hilfe angewiesen. Gründe dafür sind Extremwetterereignisse, aber auch Bandenkriminalität – auch wenn das erstmal nicht nach der typischen Ursache einer humanitären Krise klingt.

So führt das im Schnitt alle vier Jahre auftretende Wetterphänomen El Niño in El Salvador, Guatemala, Honduras, Nicaragua und Mexiko zu Dürren und Überschwemmungen, die die Erträge in der Landwirtschaft häufig zunichtemachen und die Infrastruktur zerstören. Mehrere Millionen Menschen waren daher zuletzt 2015/2016 von Ernährungsunsicherheit bedroht. In einigen Staaten führt auch die grassierende Gewalt zu einer Verschärfung der humanitären Situation: In El Salvador erreichte 2017 die Mordrate pro 100.000 Einwohner 61.8 – einer der weltweit höchsten Werte. Selten wird diese Flucht- und Vertreibungskrise in ihrer Dramatik wahrgenommen: Um den Gewaltverbrechen zu entfliehen, haben insgesamt bereits 890.000 Menschen aus den vier Staaten El Salvador, Guatemala, Honduras und Nicaragua ihre Heimat verlassen.

Eine Frau steht im Regen in einem Camp aus Zelten
Das Wetterphänomen El Niño führt in El Salvador, Guatemala, Honduras, Nicaragua und Mexiko zu Dürren und Überschwemmungen© ZUMA Wire / Picture Alliance

Deutsche humanitäre Hilfe für Zentralamerika

Das Auswärtige Amt leistet seit Jahren humanitäre Hilfe in Zentralamerika. In diesem Jahr fördert das Auswärtige Amt verschiedene Projekte zur Katastrophenvorsorge mit 340.000 Euro, die es ermöglichen, die lokale Bevölkerung besser auf Extremwetterereignisse vorzubereiten.

Darüber hinaus hat das Auswärtige Amt seit 2018, um die Ernährungssicherheit in Honduras und Guatemala zu verbessern, das Welternährungsprogramm mit 3,6 Millionen Euro unterstützt. Weitere 13 Millionen Euro konnten für Ernährungssicherheit in Zentralamerika aus dem Zentralen Nothilfefonds der Vereinten Nationen (CERF) mobilisiert werden – dessen größter Einzahler Deutschland ist.

Geld allein reicht aber nicht: Um Krisen nachhaltig zu lösen, braucht es einen umfassenden Ansatz. Deshalb arbeitet das AA mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) zusammen, die in Honduras, Guatemala und El Salvador ein Projekt zur Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz und der Integrität von Richtern und Richterinnen durchführt. Das Projekt hat ein Volumen von 2,2 Millionen Euro. Ziel des Projektes ist es, die Korruption in der Justiz zu bekämpfen und damit auch die Straflosigkeit der Gewalttäter anzugehen.

Dass Menschen in Not die Bedeutung und Hilfe erfahren, die sie brauchen, dafür setzt Deutschland sich ein. Dazu zählt auch, Frauen wie Deisy Xiomara Castro, die ihre Lebensgrundlage wegen der Pandemie verloren haben, wieder eine Perspektive zu geben.

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