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Außenminister Guido Westerwelle vor dem Deutschen Bundestag zur Fortsetzung von „ALTHEA“

17.12.2009 - Rede

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Andere Einsätze der Bundeswehr - das haben wir heute schon bemerkt - mögen derzeit stärker im Zentrum des öffentlichen Interesses stehen. Ich rede jetzt über einen Antrag, den wir in diesem Hohen Hause einbringen, weil Deutschland ein vitales Interesse an der Stabilisierung Bosniens und Herzegowinas in unserer unmittelbaren Nachbarschaft hat. Die Bundesregierung unterstützt Bosnien und Herzegowina auf dem Weg zu einem friedlichen, demokratischen Rechtsstaat, einem Staat, der selbstständig die Freiheit und die Sicherheit seiner Bürger gewährleisten kann und der sich in Richtung Integration in europäische und euroatlantische Strukturen bewegt. Selbsttragende gesamtstaatliche Strukturen dort bleiben unser Ziel. Die Europäische Union und die internationale Gemeinschaft engagieren sich für dieses Ziel, und zwar - dies sei nachdrücklich unterstrichen - politisch, militärisch und zivil. Die militärische Sicherheitslage in der Region kann derzeit als grundsätzlich ruhig und stabil eingestuft werden. Das zeigt, wie viel wir erreicht haben. Unser Dank dafür gilt abermals den Frauen und Männern der Bundeswehr, die vor Ort ihren verantwortungsvollen Dienst tun.

Die innenpolitische Lage ist jedoch nach wie vor fragil. Das ist auch der Grund, warum wir jetzt diese Debatte führen und dann in dieser Woche entscheiden wollen. Die Parteien mit ihren ethnisch bestimmten Agenden blockieren weitere Reformen und verhindern die Funktionalität des Gesamtstaates. Das fragile Machtgleichgewicht zwischen den drei staatsbildenden Volksgruppen - Bosniaken, Serben und Kroaten - bleibt das allbestimmende Thema in der politischen Diskussion. Angesichts dieser innenpolitischen Lage bleibt es das Ziel von „Althea“, ein sicheres und geschütztes Umfeld aufrechtzuerhalten, gerade auch mit Blick auf die anstehenden Wahlen. Außerdem unterstützt die Mission den Hohen Repräsentanten mit seinen exekutiven Vollmachten.

Ich darf für die Bundesregierung nicht nur um Zustimmung zur Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der EU geführten Operation „Althea“ sowie an dem NATO-Hauptquartier in Sarajevo bitten. Ausdrücklich darf ich auch darauf hinweisen, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in seiner Resolution vom 18. November 2009 die Mitgliedstaaten für zwölf Monate zur Fortführung von „Althea“ autorisiert hat. Da wir derzeit grundsätzlich von einer stabilen Sicherheitslage vor Ort ausgehen können, kann die Obergrenze für die deutsche Beteiligung von 2 400 auf 900 Soldatinnen und Soldaten abgesenkt werden. Ich sage ausdrücklich: Das Ziel jedes unserer militärischen Einsätze ist, sich selber überflüssig zu machen. Wenn wir hier in der richtigen Richtung auf dem Weg sind, dann, glaube ich, ist das etwas, das den ganzen Deutschen Bundestag erfreuen kann.

Militär alleine ist keine Lösung. Das wissen Sie alle; das muss man niemandem hier noch einmal nachdrücklich sagen. Das Land benötigt dringend Reformen. Am vergangenen Wochenende hat eine Konferenz in Berlin stattgefunden. Ich selbst habe im Vorfeld dieser Konferenz verschiedene Amtskollegen persönlich zum Gespräch getroffen. Ich will aus Gründen des Respekts und der Vertraulichkeit, die zu solchen Gesprächen dazugehören, nicht alles berichten, was dort - auch von uns - gesagt worden ist. Ich habe gar keinen Zweifel daran, dass das hier allgemein genauso gesehen wird. Die Gespräche, die seitens der schwedischen EU Ratspräsidentschaft und der Vereinigten Staaten von Amerika seit Oktober geführt worden sind, sollen von der Bundesregierung ausdrücklich erwähnt und auch begrüßt werden. Dass wir gleichzeitig bedauern - das sagen wir natürlich auch unseren Gesprächspartnern immer wieder -, dass es noch keinen Durchbruch geben konnte, sei nur der Ordnung halber aufgeführt.

Die Entwicklung Bosniens und Herzegowinas bleibt natürlich zuerst die Aufgabe der Verantwortlichen vor Ort. Die Bundesregierung - das sage ich mit großem Bedacht, nachdem ich sowohl bei der Außenministerkonferenz der NATO-Staaten in Brüssel als auch letzte Woche ausführlich bei der Konferenz der Außenminister im Allgemeinen Rat und im Außenpolitischen Rat darüber beraten habe und weil wir uns als Deutsche, durch mich vertreten, so eingelassen haben - wird auch in Zukunft in ihren Gesprächen deutlich machen, dass es weitere Schritte der EU- und NATO-Annäherung nicht geben kann, solange die notwendigen Reformen im Land nicht mit Nachdruck angegangen werden. Da besteht für die Bundesregierung ein zwingender Zusammenhang.

Klar ist auch, dass wir Schritte in die richtige Richtung möglich machen wollen. Damit das gelingen kann, bitte ich um Zustimmung zur Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an „Althea“. Das ist der Grund, warum ich diesen Antrag hier begründet habe.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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