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Grußwort von Staatsministerin Maria Böhmer anlässlich der internationalen Konferenz „Kulturgüter in Gefahr: Raubgrabungen und illegaler Handel“ im Weltsaal des Auswärtigen Amtes

11.12.2014 - Rede

--es gilt das gesprochene Wort--

Sehr geehrter Herr Minister El Damaty,
sehr geehrte Frau Staatsministerin Grütters,
sehr geehrte Frau Professor Fless,
sehr geehrter Herr Professor Parzinger,
Exzellenzen!

Ich freue mich, Sie heute im Weltsaal des Auswärtigen Amtes zur Konferenz „Kulturgut in Gefahr: Raubgrabungen und illegaler Handel“ zu begrüßen.

Lassen Sie mich zunächst den Organisatoren der Tagung herzlich danken: dem Deutschen Archäologischen Institut, vertreten von Frau Professor Fless, der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, vertreten von Professor Parzinger, und dem Deutschen Verband für Archäologie.

Unterstützt wird diese Konferenz von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und dem Auswärtigen Amt. Daher begrüße ich sehr herzlich Staatsministerin Grütters und danke ihr für ihre Unterstützung!

Der Standpunkt einer Kultur ist immer der Standpunkt ihrer Menschlichkeit, so
Adalbert Stifter. Wollen wir andere Kulturen verstehen, müssen wir unsere eigene Kultur kennen.

Die Kulturpolitik spielt gerade in der Außenpolitik eine wichtige Rolle. Denn das Ziel von Außenpolitik ist, Konflikten und Krisen vorzubeugen.

Bei der heutigen Konferenz geht es um den Kulturerhalt und den Schutz von Kulturgütern. Das kulturelle Erbe eines Landes ist ein hohes und schützenswertes Gut. Es stiftet Identität und ist Spiegel der kulturellen Entwicklung.

Wir stehen in der Verantwortung, das kulturelle Erbe weltweit zu erhalten und zu schützen. Dieser Verantwortung müssen wir vor allem dort nachkommen, wo Kulturgüter in Gefahr sind.

Gegenwärtig sehen wir uns einer Reihe von Konflikten gegenüber, die brutal und grausam ausgetragen werden: ob im Irak, in Syrien oder in Teilen von Afrika. Diese Konflikte werden nicht zwischen Ländern ausgetragen, sondern von Terrororganisationen und kriminellen Banden.

Sie fügen der Zivilbevölkerung, vor allem Frauen und Kindern, unermessliches Leid zu. Viele Menschen verlieren Angehörige und Freunde, ihr Hab und Gut und werden aus ihrer Heimat vertrieben.

Die Gewalt richtet sich aber nicht nur gegen Menschen, sondern auch gegen deren kulturelle Identität und Existenz.

Uralte Religionsgemeinschaften, kulturelle Stätten und Kulturgüter werden gezielt vernichtet, entweiht und ausgeraubt.

Durch Raubgrabungen werden Grabungskontexte und damit ein Teil der Menschheitsgeschichte unwiederbringlich vernichtet.

Um so wichtiger ist es, dass wir diese Konferenz nutzen, um Maßnahmen gegen den illegalen Handel von Kulturgütern voranzubringen!

Ich danke dem ägyptischen Minister für Antiken und Kulturgut, Herrn El Damaty, an dieser Stelle ausdrücklich für sein Kommen!

Es ist wichtig, dass politisch Verantwortliche und Experten aus den betroffenen Regionen hier sind.

Sie setzen alles daran, den illegalen Handel mit Kulturgütern zu verhindern.

Stellvertretend für alle Experten begrüße ich sehr herzlich Herrn Professor Maamoun Abdulkarim, der Generaldirektor der Staatlichen Verwaltung für Antiken und Museen in Syrien.

Ihrem Engagement ist die Rettung vieler Kulturgüter aus syrischen Museen zu verdanken. Ein Beispiel dafür ist das Apamia Museum nahe Hama in Syrien. Aus diesem Museum konnten glücklicherweise nahezu alle Kulturgüter in Sicherheit gebracht werden. Jedoch wurden zuvor bereits zahlreiche Museen in Syrien geplündert.

Über Jahrtausende hinweg war Syrien Heimat und Einflußbereich bedeutender Hochkulturen und antiker Königreiche: von prähistorischen Kulturen und altorientalischen Reichen bis zu islamischen Gesellschaften; von persischen Händlern bis hin zu den Abbasiden und den Osmanen.

Um die kulturell so wertvollen Zeugnisse dieser Epochen zu bewahren, müssen wir das syrische und irakische Kulturerbe schützen.

Im Juni 2013 wurden die sechs UNESCO-Weltkulturerbestätten in Syrien vom Welterbekomitee offiziell auf die Liste des bedrohten Welterbes gesetzt.

Das Auswärtige Amt trägt zum Erhalt syrischen Kulturguts bei. Beispielsweise mit der Finanzierung des „Syria Heritage Project“ des Deutschen Archäologischen Instituts und des Museums für Islamische Kunst.

Das Projekt soll das in den Archiven vorhandene kulturelle Erbe Syriens digitalisieren.

Wir setzen uns dafür ein, dass sobald wie möglich die Ergebnisse des Projekts in den Aufbau eines Zentralregisters für syrisches Kulturgut einfließen werden.

Nicht nur in Syrien, sondern auch im Nordirak ist das umfangreiche kulturelle Erbe in Gefahr. Dort zerstört die Terrororganisation ISIS kulturelle Stätten und religiöse Orte.

Die Generaldirektorin der UNESCO, Irina Bokova, sprach bereits von einer „kulturellen Säuberung“ des Nordiraks. Die Terrororganisation ISIS fordert zu Raubgrabungen auf; die Erlöse fließen in die Finanzierung seiner menschenverachtenden Kriegsführung.

Wir müssen uns dieser komplexen Herausforderung stellen und den illegalen Handel mit Kulturgüter aus Kriegsgebieten unterbinden. Viele Kulturgüter verschwinden auf nicht absehbare Zeit in privaten Sammlungen.

Während in weiten Teilen Afrikas positive Entwicklungen und Chancen das Bild bestimmen, nehmen in einigen afrikanischen Ländern Unruhen, Bürgerkriege und Terroranschläge zu.

Vor zwei Jahren waren islamistische Fundamentalisten in Mali bei der gewalttätigen Eroberung Timbuktus im Begriff, 350.000 wertvolle Handschriften zu zerstören, die zum Weltkulturerbe gehören.

Diese Manuskripte vereinen das gesamte naturwissenschaftliche, philosophische und theologische Wissen der arabischen Welt des 12. und 13. Jahrhunderts.

Vor allem dem großen Einsatz des timbuktinischen Bibliothekars Abdel Kader Haidara und seinen Mitstreitern ist es zu verdanken, dass ca. 200.000 Exemplare gerettet worden konnten.

Dafür hat ihn Bundesminister Steinmeier im Oktober mit dem Deutschen Afrika-Preis ausgezeichnet.

Das Auswärtige Amt unterstützt jetzt die Restaurierung und Erschließung dieser unschätzbar wertvollen Handschriften aus Mitteln des Kulturerhalts mit einer halben Million Euro.

Aber auch außerhalb von akuten Krisen- und Kriegsgebieten schreitet die Bedrohung des kulturellen Erbes voran. Daher freue ich mich sehr, dass wir Experten aus Lateinamerika, Südosteuropa und Mitteleuropa heute hier zu Gast haben.

Sowohl die internationale Zusammenarbeit im Bereich des Erhalts der Kulturgüter allgemein als auch die besondere Kooperation mit der UNESCO sind wichtige Bausteine unserer Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik.

Daher freue mich mich ganz besonders, dass Sie, liebe Frau Rössler, als stellvertretende Leiterin des UNESCO-Welterbezentrums Impulse für die Diskussion geben.

Am 3. Dezember veranstaltete die UNESCO in Paris eine internationale Konferenz zum bedrohten Kulturerbe in Syrien und Irak.

Der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Ban Ki-Moon, bezeichnet den Schutz von Kulturgut als Gebot der Sicherheit. Als Identitätsträger komme dem Kulturgut eine wichtige Rolle für Friedensstiftung und Friedenserhalt zu.

Ich unterstreiche dies ausdrücklich: Sicherheit ist ein umfassender Begriff. Wo Menschen ihre Identität, ihre Kultur und ihre Heimat verlieren, können Orientierungslosigkeit und Gewalt um sich greifen.

Sehr geehrte Damen und Herren,

im nächsten Sommer habe ich die Freude, als Vorsitzende zur 39. Konferenz des Welterbekomitees der UNESCO nach Bonn einzuladen.

Dort werden die gefährdeten Welterbestätten ein zentrales Thema sein. Ich will in Bonn unsere Verantwortung gegenüber den Kultur- und Natur-Erbestätten nochmals bekräftigen und für ihren nachhaltigen Erhalt und Schutz eintreten.

Der An- und Verkauf von Kulturgütern aus Raubgrabungen oder Plünderungen aus Syrien oder dem Irak ist keine Bagatelle!

Ich sage: Jeder, der sich an diesem illegalen Handel beteiligt, trägt nicht nur zum Diebstahl und zur Zerstörung des kulturellen Erbes bei. Dieser Handel ist auch zu einer Finanzierungsquelle des Terrorismus geworden.

Aufgrund einer Initiative Deutschlands hat die EU Ende 2013 den Import, Export und Handel mit Kulturgütern aus Syrien verboten. Eine ähnliche Regelung besteht für den Irak schon seit 2003.

Ich unterstütze die Forderung der UNESCO, den Handel mit illegalen Kulturgütern weltweit zu verbieten und zu unterbinden. Doch dies alles reicht noch nicht aus!

Ich will Ihnen ein Beispiel nennen: Im April diesen Jahres konnte ich dem ägyptischen Botschafter drei wertvolle Antiken übergeben. Sie waren illegal aus Ägypten geschleust und nach einer Odyssee durch halb Europa vom deutschen Zoll beschlagnahmt worden. Was folgte, war ein langwieriger rechtlicher Rückgabeprozess.

Weil wir um die Schwächen der bisherigen Regelungen wissen, begrüße ich sehr den Gesetzentwurf zum Schutz der Kulturgüter, den Staatsministerin Grütters in Kürze vorlegen will.

Damit werden wichtige Weichenstellungen vorgenommen:

Illegal ausgeführte Kulturgüter anderer Staaten können konsequenter als bisher zurückgegeben werden.

Außerdem werden deutsche Kulturgüter besser geschützt.

Zum Schluss will ich noch einmal zurückkehren zu meinen Eingangsworten: Menschlichkeit spiegelt sich in der Kultur.

Darin, wie wir mit Kultur umgehen, spiegelt sich unsere Menschlichkeit. Hierin liegt unsere besondere Verantwortung.

Wir dürfen den Raub und illegalen Handel von Kulturgütern nicht tolerieren. Beides muss international geächtet werden!

Deshalb appelliere ich eindringlich an Politiker, Experten, Kunsthändler und Medien: Leisten Sie Ihren Beitrag zur Aufklärung! Schärfen Sie das Bewusstsein der Öffentlichkeit für den Handel mit illegalen Kulturgütern!

Damit wir auch künftig das kulturelle Erbe für die nachfolgenden Generationen sichern und erhalten können!

Vielen Dank.

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