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Rede von Außenminister Frank-Walter Steinmeier bei der Konferenz des Goethe-Instituts „Dialog und die Erfahrung des Anderen“

23.02.2015 - Rede

Lieber Herr Professor Lehmann,
meine sehr verehrten Damen und Herren,

nur zwei Tage ist es her, da standen Professor Lehmann und ich bei den sterblichen Überresten derjenigen, die im Völkermord in Ruanda nicht nur einfach getötet, sondern regelrecht geschlachtet worden sind. Die Gedenkstätte, die wir besuchten, liegt am Rande eines Massengrabs, in dem 250.000 Tote vergraben sind. 800.000 Menschen sind innerhalb von 11 Wochen in einem Blutrausch dahingeschlachtet worden.

Das sage ich deshalb, weil ich gleichzeitig betonen will, dass wir ausgerechnet dort in Ruanda auf eine Gesellschaft gestoßen sind, die nach dem Völkermord, nach diesem unvorstellbaren nationalen Trauma, wieder zusammenzufinden versucht.

Natürlich, auch 20 Jahre nach diesem Völkermord sind die Wunden nicht verheilt. Die Beteiligten, unsere Gesprächspartner, wissen, dass das möglicherweise noch länger, als nur eine Generation dauern wird. Aber der Mut, die Kraft und die vielfältigen Wege, durch die die Menschen dort nach dem Unsagbaren um Verständigung ringen, haben uns beeindruckt.

Mich umso mehr, weil ich gerade eine Woche vorher eine ganz ähnliche Erfahrung gemacht habe, in Kolumbien.

Dort gibt es einen ähnlichen existenziellen Prozess der Verständigung. Nach jahrzehntelangen Auseinandersetzungen zwischen der Staatlichkeit dort und kriminellen, terroristischen Gruppierungen, die das Land paralysiert haben, denen Zehntausende Menschen zum Opfer gefallen sind --- und von vielen, die verschleppt worden sind, kennt man noch nicht einmal den Aufenthaltsort --- auch dort: Aufarbeitung und Verständigung. Nach Kolumbien bin ich auch deshalb gefahren, weil man dort weiß, dann man auch in Deutschland die Notwendigkeit hatte, die eigene Geschichte aufzuarbeiten und nach Verständigung innerhalb des eigenen Landes zu suchen.

Ich erzähle das nicht, um Sie in eine Form der Bewegung oder Rührung zu bringen. Ich erzähle Ihnen das mit einer großen Ernsthaftigkeit, weil es vielleicht mehr als die Stichworte deutlich macht, dass, wenn wir über Dialog und Verständigungsprozesse sprechen, dies keine abstrakte intellektuelle Übung ist. Sondern dass der Weg von Dialog zu Verstehen und Verständigung existenziell für das Leben und sogar das Überleben ganzer Gesellschaften sein kann.

Und wenn das für Gesellschaften so ist, dann gilt das auch für das Miteinander in der Welt, auf das wir in der Außenpolitik gestaltend Einfluss nehmen.

Deshalb ist Dialog, das Verstehen wollen, einer der Grundpfeiler im Gefüge der Außenpolitik – der Grundpfeiler dafür, was Willy Brandt als Anspruch und Maßstab für die Auswärtige Politik und insbesondere die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik benannt hat: die Arbeit an der Weltvernunft.

Wenn wir uns heute umschauen in der Welt, dann ist diese Arbeit wohl nötiger denn je.

Ob die Gewalt in der Ukraine, das Wüten der ISIS-Terrorbanden im Nahen und Mittleren Osten, oder das der Boko Haram in Afrika --- diese Krisen, die Vielzahl dieser Krisen mag einen zweifeln lassen, ob wir wirklich auf dem Weg sind, Weltvernunft zu kreieren.

Es sind Krisen, die uns fordern, schnell und konkret zu handeln: Manchmal, um das Leid der Flüchtlinge zu mildern, oder aber um dem Terror und der Gewalt Einhalt zu gebieten --- wie sich dies mit den Stichworten ISIS und Boko Haram im Augenblick verbindet.

In diesen Fällen nur von Dialogbereitschaft zu reden, wird nicht ausreichen. Es gibt Situationen, da hängt die Beruhigung von Konflikten nicht an der Offerierung des Dialogs. Sondern es gibt Konfliktsituationen, da muss man die andere Reihenfolge wählen und auch militärische Gewalt anwenden. Nicht, dass wir glauben, dass wir den Konflikt damit lösen können, aber um wenigstens die Opfer zu schützen --- um, wie wir es im Irak gesehen haben, jene zu schützen, die drohen, Opfer beim Vorrücken der ISIS zu werden.

Ich sage, dass es solche Situationen gibt. Ich sage gleichzeitig aber auch: Selbst wenn es solche Situationen gibt, muss man sich in der Außenpolitik bewusst sein, dass das nicht reicht, sondern dass gerade der Blick auf diese neuartigen Konflikte mehr von uns verlangt:

Nicht nur akute Antworte, sondern langfristige Lösungen für Frieden und Sicherheit in einer sich wandelnden Weltordnung.

Wenn man gar nicht so weit weg schaut in den Nahen Osten oder nach Afrika, dann macht uns doch gerade die Krise in der Ukraine eines ganz deutlich: Die Friedensordnung des 20. Jahrhunderts, mit der meine Generation aufgewachsen ist, die scheint nicht mehr zu gelten. Oder aber: Sie gilt vielleicht noch, aber sie wird von vielen nicht mehr akzeptiert.

Aber nicht nur das, wenn man es noch weiter zuspitzt, dann kann man auch die Frage stellen, ob die große Anzahl der derzeitigen Krisen wirklich zufällig ist. Oder ob wir uns nicht in einem systematischen Kräftemessen in einer Welt befinden, die im Augenblick ohne überwölbende Ordnung ist. Eine Form der Ordnung, die des Kalten Krieges und der großen Blockkonfrontation ist 1990 mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion weggefallen. Und eine andere Ordnung ist nicht an ihre Stelle getreten.

Es ist eine Welt auf der Suche nach einer Ordnung. Aber auch eine Welt, die immer enger zusammenwächst, und deren Gegensätze zugleich immer schneller und ungebremst von internationalen Ordnungsstrukturen aufeinanderprallen.

Wenn dem so ist, dann muss das Folgen haben für unser außenpolitisches Handeln.

Weil ich das so sehe, habe ich zu Beginn meiner zweiten Amtszeit einen sogenannten Review-Prozess aufgelegt, den ich gestartet habe mit der etwas provozierenden Frage: Was ist eigentlich falsch an der deutschen Außenpolitik? Um Antworten zu bekommen, die helfen, die deutsche Außenpolitik und die Strukturen deutscher Außenpolitik zeitangemessener zu gestalten, als wir das in der Vergangenheit vielleicht konnten. Und auch, um Vorsorge zu treffen, dass wir uns in der Außenpolitik mit Blick auf die Vielzahl der Krisen eben nicht im täglichen Krisenmanagement erschöpfen.

Sondern, dass gerade wir in der Mitte Europas uns Gedanken darüber machen, wie in der sich verschiebenden Tektonik der Welt neue Elemente von Ordnung entstehen können!

Wie also sieht sie aus, diese Arbeit an einer neuen internationalen Ordnung? Und was, das werden Sie sich fragen, hat Kultur- und Bildungspolitik damit zu tun?

Wenn ich von neuer globaler Ordnung spreche, dann bin ich nicht naiv: Dann meine ich nicht, dass wir Politiker uns wie Architekten ans Reißbrett stellen und mit Zirkel und Lineal Baupläne für ein großes Weltgebäude entwerfen. Nein. Wenn wir im Bild der Architektur bleiben, dann wäre schon mit einer internationalen Verständigung über die Grundrechenarten viel erreicht; mit einer Einigung darauf zum Beispiel, welche Funktion ein gemeinsamer Bau denn einmal erfüllen soll. Das kann für mich nicht in Zweifel stehen: Das bleibt die Sicherung von Frieden und das bleibt die Sicherung eines Systems, das auf Regeln basiert.

Der Weg dahin erfolgt eben nicht über das Reißbrett, sondern über Dialog und Austausch, Debatte und Verständigung. Und natürlich ist es zuerst die Aufgabe von Diplomaten und Außenpolitik, an neuen Regeln zu arbeiten. Aber ich bin überzeugt, dass Auswärtige Kultur-und Bildungspolitik, ihre Rolle hat!

Jean Monnet, einer der politische Architekten der europäischen Integration, hat einmal gesagt: „Nichts ist möglich ohne den Menschen. Nichts ist von Dauer ohne Institutionen.“

Für uns heißt das, dass wir zum Ursprung von Monnets These zurückkehren müssen: Damit Institutionen entstehen, damit eine stabilere Ordnung wächst, brauchen wir Dialog und Verständigung zwischen den Menschen, zwischen den Akteuren der Zivilgesellschaften.

Und es ist unsere Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik, die genau diesen Dialog möglich macht und die wir stärken müssen.

Professor Lehmann, auch Sie waren bei meiner Reise nach Indien im letzten Jahr dabei. Und wir waren beide etwas überrascht, als wir auf dem Rückflug mit einem unserer Gäste, dem Lyriker Rajivinder Singh, ins Gespräch kamen, der uns eine relativ plausible Formel vorschlug für die Rolle der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik: Das Sechs-Augen Prinzip.

Singh sagt, wir sollten einander immer zugleich mit den eigenen Augen, mit den Augen des Anderen und aus einer gemeinsamen Perspektive betrachten. Das ist, wie ich finde, ein treffendes Bild für den Prozess von Verstehen, Verständnis und Verständigung.

Der eigene Blick: das beinhaltet, dass wir eigene Positionen offen und selbstbewusst erklären können müssen.

Der Blick des Anderen: das ist der Versuch, mit den Augen des Anderen die Welt zu sehen.

Der gemeinsame Blick: in dem aus diesen 4 Augen eine möglichst gemeinsame Perspektive wird.

Das ist die Voraussetzung dafür, dass wir überhaupt an neuen gemeinsamen Ordnungselementen arbeiten können.

Für unsere Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik heißt das, dass sie all diese Perspektiven --- die eigene, die andere und die gemeinsame --- stärken muss. Dafür sind aus meiner Sicht fünf Aspekte entscheidend:

***

Erstens: In Zeiten von gewalttätiger Auseinandersetzung und Vertreibung sind kulturelle Identitäten besonders bedroht. Sie zu schützen ist Voraussetzung für Verständigung. Wer sich seiner selbst nicht sicher ist, der wird sich auch schwer tun, sein Gegenüber zu verstehen.

Zwei Beispiele will ich erwähnen, wie die Instrumente der Auswärtigen Kulturpolitik in solchen Situationen eingesetzt werden können und sollen: Auf meiner letzten Reise in den Libanon begleiteten mich unter anderem der Schriftsteller Albert Ostermeier. Aus unserem gemeinsamen Besuch eines Flüchtlingslagers ist ein Projekt entstanden, das mir besonders am Herzen liegt und dessen sich auch das Goethe-Institut annimmt: Kulturarbeit mit Flüchtlingen, sowohl in den Flüchtlingslagern und Aufnahmeländern, als auch hier in Deutschland.

Albert Ostermeier schreibt dazu: „Wir möchten die soziale Kraft der Kultur mobilisieren. Denn Kunst und Kultur sind nichts anderes als gelebte und einzuübende Humanität“.

Genau darum geht es.

Noch ein zweites Beispiel will ich erwähnen. Nach dem Handel mit Waffen und mit Drogen ist der Handel mit geraubtem Kulturgut in Ländern wie Syrien der drittgrößte Erwerbszweig für Terroristen. Dem wollen wir durch eine verbesserte Gesetzgebung einen Riegel vorschieben. Hieran arbeiten wir mit der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. Wir sind in Südamerika und auch in Afrika darauf angesprochen worden. Hier herrscht Handlungsdruck auch für die deutsche Politik.

Kultur darf weder Raub- noch Handelsgut werden. Denn Kultur ist ein Weg zur Vergewisserung der eigenen Identität.

Deshalb arbeitet zum Beispiel das Deutsche Archäologische Institut gemeinsam mit dem Museum für islamische Kunst und unterstützt aus den Mitteln des Auswärtigen Amts daran, syrische Kulturgüter in einem digitalen Register zu erfassen.

In Timbuktu sichern wir den Erhalt der islamischen Handschriften, und in Erbil helfen wir bei der Sicherung historischer Bauten dieser ehemals so reichen Handelsstadt.

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Dabei können und wollen wir aber nicht stehen bleiben. Ich bin überzeugt: Wir müssen die tektonischen Verschiebungen des 21. Jahrhunderts besser verstehen lernen. Das ist auch eine kulturelle Aufgabe. Nur wenn wir wissen und würdigen, welche Träume - und vor allem auch Traumata! - das Denken und Fühlen des anderen bestimmt, welche historischen Narrative aktuelle Antworten mit beeinflussen, nur dann erlernen wir den fremden Blick – und oft auch erst dadurch einen sicheren eigenen.

Deswegen sollten wir zweitens das entwickeln, was man „cultural intelligence“ nennen kann, eine kulturelle Intelligenz, die Fähigkeit zum Nachvollziehen der Denkmuster, Geschichtsbilder und Zukunftshoffnungen. Eine Wahrnehmung, die den fremden Blick mit einbezieht und dadurch weiter greift.

Wir brauchen hierzu nicht nur einen stärkeren Dialog zwischen Wissenschaft und Kultur, sondern auch Knotenpunkte wie Künstlerresidenzen und -programme.

Wir haben zu diesem Thema ein Pilotprojekt mit der Stiftung Wissenschaft und Politik aufgesetzt. Und ich bin ebenfalls froh, dass das Goethe-Institut gemeinsam mit meinem Haus an einer Strategie arbeitet, wie wir zum Beispiel die Künstlerresidenzen stärker und besser nutzen können. Über 140 Künstlerinnen und Künstler sendet das Goethe-Institut pro Jahr in die Welt hinaus. Aber nur selten fragen wir sie, was wir denn von ihrem Aufenthalt lernen können. Das soll anders werden. Indem wir sozusagen das „Rückspiel“ unserer Stipendiaten in Deutschland möglich machen. Und ich wünsche mir zugleich, dass diese Programme geöffnet werden, auch für den einen oder anderen Wissenschaftler. Damit Dialog entstehen kann --- und eben auch bereicherndes gemeinsames Wirken in Wissenschaft und Kultur.

Damit bin ich bei meinem dritten Punkt: wie wir es in und mit der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik noch stärker als bisher den gemeinsamen Blick möglich machen.

Das heißt: eine Kulturpolitik gestalten, die über die Repräsentation, die Darstellung unseren Landes hinausgeht, die Kooperation ermöglicht und die die gemeinsame Arbeit an der Weltvernunft, die Koproduktion von Bildung, Wissen und Kultur zu ihrem Schwerpunkt macht und dadurch aus die Trennung von Innen und Außen zu überwinden hilft.

Einige Elemente will ich hier skizzieren: Über das Sprachangebot des Goethe- Institutes, unsere Auslandsschularbeit, DAAD und Alexander von Humboldt-Stiftung ermöglichen wir gemeinsame Bildungsbiographien. Hieran gilt es energisch weiter zu arbeiten, durch bessere Vernetzung, Bildungspakete und Alumni-Arbeit.

Projekte wie „Music in Africa“, Tom Tykwers Filmschule, oder die Arbeit des Intendanten Christoph Nix aus Konstanz, der mit seinem Theater in Uganda und Burundi gearbeitet hat, -- all das sind exzellente Beispiele gemeinsamer kultureller Arbeit und von diesen benötigen wir noch mehr!

Deshalb wünsche ich mir auch, dass das Humboldt-Forum, das wenige hundert Meter entfernt von hier auf dem Schlossplatz entsteht, für Berlin und für Deutschland die Plattform für diese Koproduktion von Wissen und Kultur wird.

Gestern Abend haben wir in Nairobi mit afrikanischen und deutschen Partnern zusammen gesessen und genau darüber diskutiert: Wie wir im gemeinsamen Wirken von Kunst, Kultur, Wissenschaft und Medien aus dem Humboldt-Forum den Marktplatz der Ideen des 21. Jahrhunderts machen. Und zwar einen Marktplatz im europäischen Sinn, eine Agora.

Ich bin überzeugt, jedes gemeinsame Wirken in Wissenschaft und Kultur ist ein Baustein für das Haus des gemeinsamen Denkens. Deswegen möchten wir gemeinsam mit der Alexander von Humboldt Stiftung und anderen Partnern, wie vielleicht dem Wissenschaftskolleg hier in Berlin, ein spezielles Programm auflegen, um Wissenschaftlern einen Aufenthalt und gemeinsame Arbeit am Humboldt-Forum möglich zu machen.

***

Ralf Dahrendorf hat uns allen vor Jahren ins Stammbuch geschrieben: „Wir müssen von einer Außenpolitik der Staaten zu einer Außenpolitik der Gesellschaften kommen“. Gerade in einer krisengeschüttelten Welt ist der Dialog der Gesellschaften, der Menschen untereinander, neben und zusätzlich zum staatlichen Handeln der klassischen Diplomatie umso wichtiger.

Deswegen, und das ist das vierte Aspekt, den ich hervorheben möchte, legen wir einen deutlichen Schwerpunkt auf eine bessere Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft.

Mit Hilfe des Deutschen Bundestages haben wir ein Programm zur Stärkung der Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft in der Östlichen Partnerschaft aufgelegt. Tausenden jungen Menschen von Batumi bis Lemberg wurde und wird auch in diesem Jahr wieder die Chance verschafft, in internationalen Foren die demokratische Lösung von gesellschaftlichen Konflikten zu diskutieren. Andere haben oder werden gemeinsam musizieren oder forschen. Auch hier geht es um die soziale Kraft von Kultur, die es zu fördern gilt.

Wir wollen auch strukturelle Konsequenzen hieraus ziehen. Mit dem Goethe-Institut verfügen wir über ein weltweites Netz von kulturellen Knotenpunkten. Dies kombiniert mit dem Wissen und der Erfahrung der Bundeszentrale für politische Bildung könnte die Grundlage für eine gemeinsame internationale Strategie sein. Und ich freue mich, dass der Präsident des Goethe-Instituts und der Präsident der Bundeszentrale das genau so sehen und dieses Thema gemeinsam angehen wollen. Ich bin sicher, sie werden gemeinsam gute Vorschläge erarbeiten. Meine Unterstützung haben Sie jedenfalls!

Noch einen fünften und letzten Punkt möchte ich erwähnen und damit komme ich noch einmal zurück zu Monnet: nichts ist von Dauer ohne Institutionen! Oder anders gesagt: jeder Dialog braucht ein Zuhause, einen Raum der Freiheit, der Kreativität und der Verständigung. Diese Dialogräume der Bundesrepublik Deutschland haben einen Namen und mehr als das: sie haben einen Klang. Sie heißen Goethe-Institute.

Lieber Herr Lehmann,

ich habe mich besonders gefreut, dass wir auf unserer Reise gemeinsam das neue Institut in Kinshasa eröffnen konnten. Und dass uns der Deutsche Bundestag erneut unterstützt hat, das Goethe-Institut auch finanziell wieder auf eine solide Basis zu stellen, das ist gut. Und wir werden uns bemühen, dass das auch in Zukunft so bleibt!

Der eigene Blick, der Blick des anderen, der gemeinsame Blick. Lassen Sie mich ein abschließendes Beispiel nennen und drei großartige Romane hervorheben, die genau hierfür stehen.

Liebe Frau Haratischwili,

Ihr Roman ebenso wie der von Katja Petrowskaja und der von Olga Grjasnowa haben mir die Augen geöffnet dafür, wie eng wir in Europa mit einander verwoben sind, wie sehr das Gebiet von Tiflis über Lemberg, Petersburg und Berlin eben auch EIN Erinnerungsraum ist; wie Denkweisen und Gefühle über Generationen geprägt werden und wie behutsam wir mit diesen Verbindungslinien umzugehen haben. Weil sie bewusst, unbewusst, erzählt oder erträumt Teil unseres heutigen Denkens sind. Weil hinter der Oberfläche aktuellen Handelns Jahrhunderte der Geschichte liegen. Mehr denn je bin ich überzeugt: nur durch und in der Kultur, Bildung und Wissenschaft werden wir das Verständnis entwickeln können, das wir für die Ausbildung eines eigenen Urteilsvermögens so dringend brauchen! Und nur so bleibt langfristig auch verantwortliche Politik urteilsfähig gegenüber medialen Inszenierungen und internetgestützten Dramatisierungen von Konflikten.

Liebe Frau Haratischwili, ich freue mich besonders, dass sie heute Abend hier sein können!

Und ich freue mich auf die Diskussion.

Vielen Dank!

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