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„Das ifa fördert den Kulturaustausch weltweit“

13.01.2017 - Interview

Außenminister Frank-Walter Steinmeier im Interview zum 100. Geburtstag des Institutes für Auslandsbeziehungen (ifa). Erschienen in der Stuttgarter Zeitung (13.01.2017).

Außenminister Frank-Walter Steinmeier im Interview zum 100. Geburtstag des Institutes für Auslandsbeziehungen (ifa). Erschienen in der Stuttgarter Zeitung (13.01.2017).

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Herr Minister, wann hatten Sie das erste Mal Kontakt mit dem Institut für Auslandsbeziehungen? Waren Sie da bereits Außenminister?

Das ifa ist mir seit langem ein Begriff. Auch wenn Stuttgart von Berlin aus gesehen nicht eben um die Ecke ist, war und ist mir der regelmäßige Austausch mit unserer ältesten Mittlerorganisation ein wichtiges Anliegen.

Welche Rolle spielt das ifa im Geflecht der Aufgaben des Auswärtigen Amts in Ihren Augen?

Mit Blick auf die vielen Krisen und Konflikte ist die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik als Brücke zwischen den Menschen wichtiger denn je. Deshalb ist auch die Arbeit des ifa, das sich weltweit für Kulturaustausch engagiert, unverzichtbar. Mir geht es um den Zugang zu Kultur und Bildung über Grenzen hinweg. Das ist auch über die aktuellen Krisen hinaus die entscheidende Frage der kommenden Jahre in der auswärtigen Kulturpolitik. Hierbei spielt das ifa mit seiner großen Erfahrung und seinem internationalen Netzwerk eine zentrale Rolle.

Das ifa ist weltweit tätig und europäisch eingebunden. Wie sehen Sie die Rolle des ifa bei der Vermittlung deutscher und europäischer Werte?

Das ifa ermöglicht den Zugang zu Kultur aus und mit Deutschland und fördert den Kulturaustausch und Dialog weltweit. Darüber hinaus leistet es einen kulturellen Beitrag zum europäischen Einigungsprozess und zu den europäischen Außenbeziehungen. Ich sehe dies als einen unverzichtbaren Wert an, gerade wenn es um den Aufbau neuer gemeinsamer Wissensstrukturen in Europa geht. Das bröckelnde Fundament der europäischen Einigung wieder zu festigen, ist eine Aufgabe, die aller Anstrengungen wert ist. Das ifa spielt hier mit allen seinen Programmen und Projekten eine wichtige Rolle.

Was kann Kulturaustausch auf persönlicher Ebene zwischen Ländern und Völkern, sicher eine der Stärken des ifa, besser als Diplomatie?

Vom Schwaben Theodor Heuss stammt der Satz, dass man mit Politik keine Kultur machen könne, vielleicht aber mit Kultur Politik. Theodor Heuss hat damit schon vor Jahrzehnten Weitsicht gezeigt, denn Kultur ist heute ein untrennbarer Teil der Außenpolitik. Kultur steht für den vorpolitischen Freiraum, innerhalb dessen tradierte Geschichten, Bilder und Erzählmuster reflektiert werden – eben die Träume und Traumata, die Gesellschaften ausmachen.

Was bedeutet das?

Die Diplomatie der Kultur und Wissenschaft kann auf diese Weise an manchen Stellen weiter gehen als die Diplomatie selbst. Aufgabe der Kulturpolitik ist es, genau diese vorpolitischen Freiräume zu schützen. Das gilt gerade in der Zusammenarbeit mit schwierigen Partnerländern. Insofern bedingen Kulturaustausch und Diplomatie einander. Uns Außenpolitikern und Diplomaten hilft enorm, was Kulturmittler wie das ifa an kultureller Intelligenz mit in die grenzüberschreitenden Beziehungen einbringen.

Im ifa-Leitbild heißt es „Kulturaustausch ist Friedensarbeit“. Die Welt wird, so scheint es, immer weniger friedlich. Wie notwendig ist vor diesem Hintergrund die Arbeit von Institutionen wie dem ifa?

Die Welt ist aus den Fugen geraten, tradierte Ordnungsmodelle scheinen nicht mehr zu tragen. Umso wichtiger ist es, dass wir über die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik Räume schaffen und schützen, die den friedlichen Austausch über Träume und Traumata von Gesellschaften ermöglichen. Dabei wäre es ein Irrglaube, dass Kultur und Bildung zwangsläufig zu mehr Frieden und Sicherheit führen. Aber gerade weil es keine derartige Kausalität gibt, sollten wir die Eigengesetzlichkeiten der Kultur, der Wissenschaft und des Bildungsbereichs so gut wie nur irgend möglich nutzen, denn Kultur zeigt Menschen Perspektiven auf. Das gilt vor allem auch für die Arbeit des ifa im Bereich der internationalen Konfliktprävention.

Zum gegenseitigen Verständnis gehört der Dialog elementar dazu. Wo sehen Sie hier die Arbeit des ifa?

Mit Mitteln des Auswärtigen Amts setzt das ifa weltweit Programme des Dialogs und der Krisenbearbeitung um. Es bereitet damit den Boden für gute Diplomatie im Dienst der Menschen, zum Beispiel über die neu gegründete „ifa-Akademie gGmbH“ mit deren Hilfe Menschen und Institutionen in interkultureller Arbeit geschult werden. Zum Dialog gehört aber auch die deutsche Öffentlichkeit. Mit dem Programm „Außenpolitik live – Diplomaten im Dialog“ führt das ifa seit Jahren erfolgreich Bürgerdialoge zu außenpolitischen Themen durch und erreicht so deutschlandweit eine Vielzahl von interessierten Bürgerinnen und Bürgern.

Welches war Ihr Lieblingsprojekt des ifa in den vergangenen Jahren?

Ich habe sogar zwei: die Betreuung des deutschen Auftritts bei der Biennale und ganz besonders die wunderbare Kooperation mit der Kuratorin des offiziellen deutschen Beitrags der Kunstbiennale 2017, Frau Susanne Pfeffer, und dem Auswärtigen Amt. Denn die Biennale ist nun einmal DAS Kunstereignis und DER Ort, um Gegenwartskunst zu zeigen.

Mein zweites Lieblingsprojekt ist aus einem ganz anderen Bereich: das CrossCulture Programm. Hier arbeiten junge Berufstätige im wahrsten Sinne am globalen Netzwerk der Kulturen. Und sie erschaffen in ihrer praktischen Arbeit eine gemeinsame Kultur. Genau das brauchen wir zwischen den Kontinenten und Völkern und ich freue mich darauf, hieran gemeinsam mit Ursula Seiler-Albring und ab Sommer Martin Roth als Präsidenten und mit Generalsekretär Roland Grätz weiter arbeiten zu können.

Welche persönlichen Beziehungen haben Sie selbst zu Stuttgart, dem Sitz des ifa?

Schon in meinen Jahren in der niedersächsischen Landespolitik bin ich oft hier gewesen und habe Stadt und Leute schätzen gelernt. Stuttgart ist eine selbstbewusste Bürgerstadt inmitten einer der stärksten Industrieregionen Deutschlands. Die Diskussionsfreude der Stuttgarter habe ich hier vor Ort in öffentlichen Veranstaltungen auch selbst einige Male erlebt.

Zu den weniger schönen Erinnerungen an die Stadt gehört, dass ich - damals als Chef des Bundeskanzleramtes - am Nachmittag des 11. September während einer privaten Urlaubsreise hier in Stuttgart über den Terroranschlag in New York informiert wurde und dann bei Freunden die ersten Bilder über die Katastrophe sah.

Interview: Reimund Abel

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