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„Niemand kann den Kalten Krieg wollen“

26.03.2014 - Interview

Außenminister Frank-Walter Steinmeier im Interview mit der Bild zur Situation in der Ukraine und zu seiner Afrika-Reise.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier im Interview mit der Bild zur Situation in der Ukraine und zu seiner Afrika-Reise. Erschienen am 26.03.2014 auf www.bild.de.

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Frank-Walter Steinmeier mitten in der Ukraine-Krise auf Afrika-Tour (Äthiopien, Tansania, Angola): Ist Ihr Flieger falsch abgebogen?

Die Krise in Europa ist bedrückend, aber die Welt bleibt nicht stehen. Afrika ist wichtig für uns, verändert sich schneller, als viele bei uns denken. Was in Afrika passiert, hat unmittelbare Folgen für uns. Es ist deshalb richtig, Zeit und Energie auch in unseren Nachbarkontinent zu stecken.

Muss Deutschland mehr Soldaten nach Afrika schicken?

Alle meine Gesprächspartner betonen, dass Afrika seine Krisen selber bewältigen will. Dabei können wir, dabei sollten wir helfen. Das heißt vor allem ausbilden, Entwicklung fördern, regionale Zusammenarbeit unterstützen.

Zur Krim: Die G7 haben Russland aus ihrem Kreis verbannt. Ist damit der Traum von der Weltregierung erledigt?

Weder G8 noch G7 sind eine Weltregierung. Solange Russland nicht seinen Kurs ändert, können wir nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Wir bleiben an vernünftigen Beziehungen zu Russland interessiert. Es darf keine neue Spaltung Europas geben.

Kann Russland in den G20 bleiben, im UN-Sicherheitsrat?

Russland ist unser Nachbar im Osten und wird es bleiben. Ohne Russland lassen sich große Konflikte nicht überwinden, siehe Syrien und Iran. Wir müssen miteinander im Gespräch bleiben können. Den Abbruch der Gesprächsmöglichkeiten kann keiner wollen.

Droht wieder Kalter Krieg?

Das möchte ich mir nicht vorstellen – und niemand kann das ernsthaft wollen. Wir müssen zurück zu einem vernünftigen Miteinander. Da ist jetzt Moskau am Zug. Die Beobachtermission kann, mit Zustimmung Russlands, jetzt auch in den Osten der Ukraine. Das ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Weitere müssen folgen.

Die Krim ist verloren. Aber ist Putin jetzt gestoppt?

Wir haben eine klare Antwort auf das völkerrechtswidrige Vorgehen Russlands gegeben. Moskau weiß, dass wir nachlegen werden, wenn es über die Krim hinaus ausgreifen sollte.

Muss die Nato mehr Stärke zeigen?

Militärische Kraftmeierei ist sicher nicht die richtige Antwort, das will aber auch keiner in der Bundesregierung. Die Nato-Mitglieder müssen sich des Schutzes ihrer Bündnispartner gewiss sein. Und es gibt keinen Anlass, daran zu zweifeln.

Und was, wenn doch? Gibt es eine rote Linie?

Ernsthafte Politik ist keine Malstunde mit Buntstiften. Die EU hat verschiedene Sanktionsstufen beschlossen. Das gilt. Das wissen alle, auch in Moskau.

Wie groß ist der Einfluss der Kanzlerin auf den russischen Präsidenten?

Deutschland kommt eine gewichtige Rolle in der Krise zu. Unsere europäischen Partner schauen auf uns, und auch in kritischen Momenten haben Frau Merkel und ich den Draht mit Moskau nicht abreißen lassen. Ohne diese Bemühungen wäre die Lage weiter eskaliert.

Lässt Sie die Krim-Krise eigentlich noch ruhig schlafen?

Überhaupt schlafen wäre gut! Im Ernst: Es gab einige Tage in den letzten vier Wochen, in denen Treffen, Gespräche und Telefonate auch nächtens kein Ende nehmen wollten. Aber es ist die ernsteste Krise, die wir in Europa in den letzten 25 Jahren hatten. Das verlangt und rechtfertigt jeden Einsatz.

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Interview: Hanno Kautz. Übernahme mit freundlicher Genehmigung der Bild.

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