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Syrien: „Wir müssen auf eine langfristige Lösung hinarbeiten, die zu echtem Frieden führt.“

27.09.2016 - Interview

Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler, zur aktuellen Situation in Syrien. Erschienen auf der Webseite der Passauer Neuen Presse (27.09.2016) www.pnp.de

Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler, zur aktuellen Situation in Syrien. Erschienen auf der Webseite der Passauer Neuen Presse (27.09.2016) www.pnp.de .

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Frau Kofler, die vereinbarte Feuerpause in Syrien hat nicht lange gehalten. Es gibt weiter schwere Angriffe auf Aleppo. Wie lassen sich diese Kriegsverbrechen überhaupt noch stoppen?

Auch wenn es vor dem Hintergrund der jüngsten Ereignisse fast aussichtslos erscheinen mag: Nur, indem man immer wieder versucht, eine Verhandlungslösung herbeizuführen. Das fängt im Kleinen an: Zunächst muss eine Feuerpause den Menschen eine kleine Atempause verleihen und ihre humanitäre Versorgung ermöglichen. Dann muss es aber weitergehen: Unsere Rolle darf sich nicht darin erschöpfen, das Leid lediglich zu mildern. Wir müssen auf eine langfristige Lösung hinarbeiten, die zu echtem Frieden führt. Aber eine humanitäre Feuerpause steht am Anfang.

Wie lässt sich überhaupt noch humanitäre Hilfe leisten?

Humanitäre Hilfe lässt sich leisten, wenn die notwendigen Mittel zur Verfügung gestellt werden und das internationale humanitäre Recht eingehalten wird. Erst vor kurzem hat das Auswärtige Amt die Förderung der syrischen Hilfsgruppe „Weißhelme“ um zwei Millionen auf sieben Millionen Euro für dieses Jahr aufgestockt. Der Angriff auf einen Hilfskonvoi in der letzten Woche hat aber gezeigt: Wer derzeit in Syrien Hilfe leistet, nimmt ein großes Risiko für Leib und Leben auf sich. Das verdient unseren höchsten Respekt, und es ist mindestens ebenso wichtig, auch politische Unterstützung zu leisten – dadurch, dass wir unermüdlich die Einhaltung des humanitären Rechts einfordern. Denn dies soll den Helfenden Schutz gewähren.

Laut UNICEF sind allein in Ost-Aleppo 100 000 Kinder eingeschlossen. Dennoch fliegt die syrische Armee weiter Angriffe. Das Kinderhilfswerk spricht von einer Rücksichtslosigkeit vergleichbar mit den Gräueltaten im Zweiten Weltkrieg. Reichen da Appelle an Russland und Assad noch aus?

Nur Appelle werden sicherlich keine Verhaltensänderung bewirken. Sie sind aber wichtig, damit wir auch weiterhin deutlich machen, wer hier im großen Maßstab das Völkerrecht verletzt: Selbstverständlich morden auch terroristische Gruppen in Syrien. Aber den großflächigen Einsatz einer tödlichen Maschinerie aus der Luft gegen zivile Ziele – das erleben wir nur vom Assad-Regime und von den Staaten, die es unterstützen. Zusätzlich zu den Appellen muss es deshalb weiterhin Bemühungen um Verhandlungen geben. Und diese Bemühungen finden auch unter Beteiligung des Auswärtigen Amtes unermüdlich statt.

Es werden sich auch weiter zigtausend Flüchtlinge aus Syrien auf den Weg nach Europa und Deutschland machen. Wie sollten Brüssel und Berlin jetzt darauf reagieren?

Zunächst einmal müssen wir daran arbeiten, dass unsere Verfahren zur Familienzusammenführung weiter beschleunigt werden. Gleichzeitig muss es natürlich eine gesamteuropäische Lösung zur Aufnahme der Flüchtlinge geben. Die Antwort auf diese Fragen liegt nicht nur in Brüssel, sondern vor allem in den jeweiligen europäischen Hauptstädten.

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