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Ansprache von Bundesaußenminister Guido Westerwelle zur Verleihung des Afrika-Preises der Deutschen Afrika-Stiftung

06.10.2010 - Rede

-- es gilt das gesprochene Wort --

Sehr geehrter Herr Dr. Chambas,

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Hornhues

sehr geehrte Frau Dr. Eid,

sehr geehrter Herr Dr. Dr. Köhler,

sehr geehrter Herr Prof. Dr. Driftmann,

sehr geehrte Frau Schaeffer,

sehr geehrte Frau Diallo,

Exzellenzen,

sehr geehrte Damen und Herren,

Vor fünfzig Jahren sah die Welt gebannt auf Afrika. 17 Staaten wurden im „Afrikanischen Jahr“ 1960 unabhängig. Auf seine Art ist auch das Jahr 2010 ein „Afrikanisches Jahr“ geworden.

Südafrika hat die Fußball-Weltmeisterschaft als Chance für den ganzen Kontinent genutzt. Ein einziges Weltereignis hat mit Klischees aus Jahrzehnten Schluss gemacht.

Vor vier Jahren haben wir in Deutschland ganz Ähnliches erlebt.

Hier in diesem Raum wissen alle, Afrika ist viel mehr als Armut, Krisen und Katastrophen. Außerhalb dieses Raumes übersieht man aber noch oft, dass in vielen Ländern Afrikas die Wirtschaft nicht langsamer wächst als in Asien. Dass immer mehr internationale Unternehmen Afrika als Investitionsstandort entdecken. Dass dort nach und nach eine neue Mittelklasse entsteht. Nicht umsonst sind Länder wie China in Afrika sichtbarer denn je.

Wenn ich an Afrika denke, sehe auch ich trotz aller Herausforderungen heute vor allem große Chancen und unerschlossenes Potential. Wirtschaftlich und politisch.

Afrikanische Politiker nehmen das Schicksal ihres Kontinents immer mehr in die eigenen Hände. Regionale Zusammenarbeit ist auf dem Vormarsch. Das Gewicht afrikanischer Regionalorganisationen wächst. Das Prinzip Eigenverantwortung prägt das Handeln.

Wir unterstützen diese positiven Kräfte. Wir wollen den Aufbruch Afrikas.

Ohne unseren Nachbarkontinent Afrika werden wir die drängendsten globalen Probleme nicht lösen können.

Für Klimawandel und seine Folgen, für Entwicklung und Ernährungssicherheit, für die Herausforderungen schnell wachsender oder schnell alternder Bevölkerungen brauchen wir gemeinsame Antworten.

Es ist Zeit für eine neue, partnerschaftliche Neuausrichtung unserer Afrikapolitik. Weg von einer Geber-Nehmer-Perspektive. Hin zu einer gleichberechtigten globalen Verantwortungspartnerschaft.

Die Bundesregierung wird in Kürze ein umfassendes Afrika-Konzept vorlegen, das dem gewandelten Selbstverständnis Afrikas ebenso Rechnung trägt wie unseren eigenen Interessen.

Heute sehen wir viele junge Gesichter. Es sind Absolventen des ersten Kurses der Internationalen Diplomatenausbildung des Auswärtigen Amts für französischsprachige Diplomatinnen und Diplomaten aus Afrika. Seien auch Sie herzlich willkommen als unsere Gäste.

Ihre Generation hat es in der Hand, das neue Bild von Afrika zu zeichnen und die Zukunft der Bindungen zwischen Deutschland und Afrika zu gestalten. Arbeiten Sie mit uns für Frieden und Entwicklung, leben Sie unsere gemeinsamen Werte. Wir können Freiheit, Demokratie, Rechtsstaat und Menschenrechte in Afrika, in Europa und weltweit Wirklichkeit werden lassen.

Der Schutz der Menschenrechte gehört untrennbar zur Verbindung zwischen Europa und Afrika.

Menschenrechte sind die unerlässliche Grundlage, auf der Europa und Afrika die Globalisierung gemeinsam mitgestalten können.

Politische Rechte stehen gleichberechtigt neben sozialen und wirtschaftlichen Rechten. Deutschland hat in den Vereinten Nationen seit vielen Jahren für die Anerkennung des Rechts auf Wasser als Menschenrecht geworben. Es ist ein großer Erfolg, dass die Generalversammlung seit Juli und der Menschenrechtsrat seit der vergangenen Woche unsere Haltung teilt.

Deutschland hat sich immer dafür eingesetzt, dass die Länder des Südens im Rahmen der Vereinten Nationen mehr Mitsprache erhalten.

Die Welt verändert sich, die geopolitischen Gewichte verschieben sich nach Osten und Süden. Afrika ist Teil dieser Veränderungen.

Das gilt besonders für Frieden und Sicherheit. Ein Sicherheitsrat ohne starke afrikanische Präsenz entspricht nicht mehr der politischen Wirklichkeit von heute.

Wir wollen eine Reform des Sicherheitsrates, damit Afrika dort durch ständige Mitgliedschaft vertreten ist.

Frieden und Sicherheit in Afrika bleibt auch in Zukunft eine außenpolitische Priorität Deutschlands. Ohne Frieden und Sicherheit gibt es keine Entwicklung. Das belegen die Konflikte in Côte d'Ivoire, in Sudan, in Somalia, in der Demokratischen Republik Kongo.

Deshalb fördert Deutschland multilaterale Ansätze der Vereinten Nationen, der EU und der G8 mit dem Ziel einer tragfähigen afrikanischen Sicherheitsarchitektur.

Afrikanische Sicherheitsstrukturen müssen stärker werden, damit für afrikanische Probleme afrikanische Lösungen gefunden werden. Das ist der Anspruch, den die Afrikanische Union an sich selbst hat und den wir nachdrücklich unterstützen.

Auch die Westafrikanische Entwicklungsgemeinschaft hat über die ursprüngliche wirtschaftliche Ausrichtung hinaus politisch Profil gewonnen. Die Fortschritte bei Frieden und Sicherheit sind umso mehr wert, als gerade in den Staaten der Region Westafrika die Ressourcen knapp sind. Der Trend der letzten Jahre in der Region ist positiv. Die unermüdliche Arbeit von ECOWAS trägt Früchte.

ich freue mich außerordentlich, dass der diesjährige Preis der Deutschen-Afrika-Stiftung an Herrn Dr. Mohamed Ibn Chambas geht.

Herr Dr. Chambas, Ihre Weitsicht, Ihr Mut, Ihr politisches Gespür und Ihr unermüdlicher Einsatz für Frieden in Freiheit, für Entwicklung und Versöhnung haben in Westafrika Großes bewegt.

Schon lange vor Ihrer Zeit bei ECOWAS eilte Ihnen der Ruf eines umsichtigen Vermittlers und Versöhners voraus.

Friedenslösungen in Liberia und Sierra-Leone, in Côte d'Ivoire, in Guinea-Bissau und in Togo tragen alle Ihre Handschrift.

Unter Ihrer Führung hat ECOWAS auch in den jüngsten Konflikten in Guinea und Niger an einer Lösung gearbeitet. Wir werden Sie nach Ihrem Ausscheiden bei ECOWAS sehr vermissen. Aber ich bin mir sicher, Sie werden auch an anderer Stelle entschlossen wie bisher weiter wirken, damit Ihr Traum von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Westafrika in Erfüllung geht.

Es ist vor allem Ihr Verdienst, dass Demokratie und Rechtsstaat, guter Regierungsführung und Menschenrechte heute gemeinsame Werte aller ECOWAS-Mitglieder sind.

Nur mit regionaler Kooperation kann Sicherheit und wirtschaftliche Entwicklung gelingen. Das hat sich in Europa bewährt und das bewährt sich auch in Afrika.

Für Ihren unermüdlichen Einsatz danke ich Ihnen.

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