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„Potsdam war der perfekte Ort“

06.09.2016 - Interview

Außenminister Frank-Walter Steinmeier spricht im Interview über das OSZE-Treffen in Potsdam, die Atmosphäre der Stadt und ihre Wirkung auf seine Amtskollegen. Erschienen am 06.09.2016 in den Potsdamer Neuesten Nachrichten.

Herr Steinmeier, Sie haben Potsdam für das OSZE-Außenministertreffen persönlich ausgesucht. Warum?

Als diesjähriger OSZE-Vorsitz wollten wir mit dem Treffen in Potsdam etwas Neues ausprobieren: Ein Treffen jenseits der Alltagsroutinen, ohne feste Tagesordnung, ohne Aktenberge und ohne einen riesigen Beamtenstab – stattdessen mit viel Raum und Zeit, um in vertraulicher Atmosphäre über aktuelle Krisen in Europa und Auswege daraus zu beraten. Die Rückmeldungen der Kollegen zeigen, dass unser Ansatz gut angekommen ist. Potsdam war dafür der perfekte Ort. Hier treffen die Spuren unserer bewegten Geschichte zwischen Ost und West ganz unmittelbar auf unsere Gegenwart im wiedervereinigten Deutschland. Das spürt man überall in der Stadt, ganz besonders auf der Glienicker Brücke, und dieser Geist hat unsere Diskussionen auch deutlich geprägt. Schließlich wollte ich den Außenministerkollegen, die bisher für internationale Konferenzen immer nur nach Berlin gereist sind und dort manchmal nichts anderes sehen als den Fernsehturm, auch mal etwas anderes zeigen.

Im Vorfeld des Treffens hatte es viel Kritik gegeben, weil durch die scharfen Sicherheitsvorkehrungen viele wichtige Verkehrsverbindungen ganz oder teilweise gesperrt werden mussten und auch sonst in der Innenstadt viele Einschränkungen herrschten. Warum ist es wichtig, dass ein solches Treffen nicht in ländlicher Abgeschiedenheit stattfindet, sondern in einer Stadt?

Ich will an dieser Stelle allen Potsdamerinnen und Potsdamern ganz herzlich für ihre großartige Gastfreundschaft danken! Die Atmosphäre um uns herum war toll. Wir wurden mit offenen Armen empfangen. Mir ist natürlich bewusst, dass ein Treffen von diesem Format immer auch mit Belastungen für die Bevölkerung verbunden ist. Natürlich wollten wir Potsdam mit all seinen Sehenswürdigkeiten auch unseren internationalen Besuchern näherbringen. Gleichzeitig finde ich: Gerade in einer Zeit, wo internationale Krisen und Konflikte für jeden Einzelnen immer spürbarer werden, darf auch die internationale Politik für Bürgerinnen und Bürger nicht unnahbar sein. Auch Außenpolitik wird schließlich für die Menschen gemacht – ich finde es wichtig, dass die Menschen das hier und da auch selbst mitverfolgen können.

Was hat Potsdam zur Atmosphäre des Treffens beigetragen?

Auch für Politiker kann ein Tapetenwechsel hilfreich sein, um mal ganz frisch und unbefangen über aktuelle Krisen und Konflikte nachzudenken. Nicht nur bei unseren Beratungen im Hotel, sondern auch bei der anschließenden Straßenbahnfahrt und im Boot auf der Havel. Beim gemeinsamen Gang über die Glienicker Brücke war jedem klar, warum wir an Brücken über die wieder tiefer gewordenen Gräben zwischen Ost und West arbeiten müssen. Die Schicksale, von denen diese Brücke erzählt, sind Mahnung und Auftrag für die Außenpolitik heute.

Wie hat denn Ihren Außenministerkollegen die Stadt gefallen? Sie haben ja durchaus einen kleinen Eindruck bekommen.

Die historische Straßenbahn und die Bootsfahrt zur Glienicker Brücke waren ganz klar ein Highlight. Die Glienicker Brücke kannten die meisten bisher nur aus dem Geschichtsunterricht oder als „Bridge of Spies“ aus dem Kino. Und sogar das Wetter hat mitgespielt! Potsdam hat sich also wirklich von seiner besten Seite präsentiert – das macht auch mich als Außenminister ein bisschen stolz.

Welchen Eindruck hatten Sie von der Organisation des Treffens und von den Reaktionen der Potsdamer?

Bis auf den Punkt genau war alles perfekt organisiert. Mein großer Dank für ihren Einsatz gilt allen Beteiligten – den knapp tausend Polizistinnen und Polizisten, den Mitarbeitern der Stadt Potsdam und der Schifffahrtsbetriebe, den Beschäftigten des Hotels, den Kollegen vom Auswärtigen Amt. Sie alle haben exzellent zusammengearbeitet, um ein erfolgreiches Treffen möglich zu machen. Den Potsdamerinnen und Potsdamern danke ich für ihre Geduld und dafür, dass sie den „großen Auflauf“ mit einem Augenzwinkern hingenommen haben.

Das Interview führte Peer Straube.

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