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Null Toleranz für Antisemitismus. Von Birgitta Ohlsson und Michael Roth

25.08.2014 - Interview

Gemeinsamer Beitrag von Staatsminister für Europa Michael Roth und schwedischen Ministerin für Europa Birgitta Ohlsson. Erschienen am 25.08.2014 in der Passauer Neuen Presse.

Gemeinsamer Beitrag von Staatsminister für Europa Michael Roth und schwedischen Ministerin für Europa Birgitta Ohlsson. Erschienen am 25.08.2014 in der Passauer Neuen Presse.

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Seit Wochen rollt eine abscheuliche Welle des Antisemitismus durch Europa. Es haben sich Szenen abgespielt, von denen wir dachten, wir müssten sie nie wieder erleben: In Deutschland wurden ein Holocaust-Mahnmal und eine Synagoge beschädigt. Wenige Tage später wurde im schwedischen Malmö ein Rabbiner attackiert. In ganz Europa haben jüdische Schulen und Gemeindezentren Bombendrohungen erhalten, an vielen Orten wurden judenfeindliche Parolen an die Wände geschmiert oder auf der Straße gegrölt.

Wir sind erschüttert, auf welch laute und aggressive Weise sich der Antisemitismus in ganz Europa breit macht. Die jüngsten Übergriffe bedrohen nicht nur die jüdischen Gemeinden, sondern unser ganzes Gemeinwesen. Dafür gibt es keinerlei Rechtfertigung – weder in Deutschland, in Schweden oder sonst wo auf der Welt. Wir sind fest davon überzeugt, dass wir dem Antisemitismus entschieden entgegentreten müssen. Wir bekennen uns zu dem Ziel, die Zahl der antisemitischen Übergriffe in Europa auf null zu reduzieren. Dafür müssen die nationalen Regierungen ein Maßnahmenpaket gegen Antisemitismus schnüren, das von Forschung bis hin zu Bildungsprogrammen reicht. Erst wenn jüdische Einrichtungen nicht mehr von Sicherheitskräften geschützt werden müssen, können wir von Normalität sprechen. Die Täter sind zu verfolgen und vor Gericht zu stellen. Nichtstaatliche Organisationen leisten im Kampf gegen den Antisemitismus eine wichtige Arbeit. Die nationalen Regierungen und die EU-Kommission sollten daher eine angemessene Finanzierung für die diese NGOs bereitstellen.

Die schwedische Regierung hat kürzlich beschlossen, Schulexkursionen zu Holocaust-Gedenkstätten zu finanzieren. Das gibt jungen Menschen die Möglichkeit, direkt vor Ort etwas über die Gräueltaten der Nazis und die industrielle Vernichtung von sechs Millionen Juden und anderen Minderheiten zu erfahren.

Gemeinsam mit seinen französischen und italienischen Amtskollegen hat Außenminister Steinmeier vor kurzem in Brüssel klar gestellt: Für Antisemitismus gibt es in Europa null Toleranz!

Als Europaminister fordern wir, dass die EU einen wirksamen Prozess einführt, um die Einhaltung von Grundrechten und Rechtsstaatlichkeit in den EU-Mitgliedstaaten sicherzustellen. Europas Glaubwürdigkeit als Wertegemeinschaft hängt davon ab, dass wir selbst mit gutem Beispiel vorangehen. Wenn außerhalb Europas eine Schwulenparade verboten oder eine Minderheit diskriminiert wird, dann können wir das nur dann glaubhaft kritisieren, wenn wir unseren Ansprüchen und Idealen selbst uneingeschränkt gerecht werden.

Außenminister Steinmeier hat vorgeschlagen, dass die Mitglieder des neu gewählten Europäischen Parlaments einen neuen Ausschuss einrichten, der sich mit Antisemitismus und Rassismus in Europa befasst. Das gibt uns die Möglichkeit, diese inakzeptablen Entwicklungen zu diskutieren und konkrete Strategien zu ihrer Bekämpfung gemeinsam zu entwickeln. Wenn wir wirklich etwas verändern wollen, dann dürfen wir nicht einfach schweigen!

Wir hoffen aufrichtig, dass der gewählte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sein Versprechen einlöst, eine Kommission zu bilden, die die Menschenrechte in den Mittelpunkt ihrer Politik rückt.

Unsere gemeinsamen europäischen Werte zu bewahren, ist in diesen Tagen wichtiger denn je. Kein Mensch sollte in Europa in Angst leben müssen – und zwar ungeachtet seiner ethnischen Zugehörigkeit, seiner Identität oder seines Glaubens. Kein Schüler darf an seiner Schule mit zerschlagenen Fensterscheiben oder Hakenkreuzschmierereien konfrontiert werden. Und kein Überlebender des Holocaust oder dessen Nachfahre darf das Gefühl haben, dass der mörderische Hass, der einst unseren Kontinent heimsuchte, wieder auflebt.

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