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Rede von Staatsminister für Europa Michael Roth zur Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der militärischen Ausbildungs- und Beratungsmission EU Training Mission Somalia (EUTM Somalia) im Deutschen Bundestag

19.03.2015 - Rede

Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

zu den „Dauerbrennern“ der globalen Krisenlandschaft zählt die Region am Horn von Afrika – und hier vor allem das seit Jahren von Bürgerkrieg und Hungersnöten gepeinigte Somalia.

Die EU engagiert sich seit vielen Jahren in der Region und setzt dabei die gesamte Bandbreite ihrer außenpolitischen Instrumente ein. Das Horn von Afrika ist somit ein gutes Beispiel für den umfassenden Ansatz der EU, die Welt ein bisschen friedlicher und stabiler zu machen: Wir verknüpfen Sicherheit, Entwicklungszusammenarbeit, humanitäre Hilfe und Diplomatie.

Lassen Sie uns heute also keine isolierte sicherheitspolitische Debatte führen! Auch die anderen Felder unseres vielseitigen Engagements in und für Afrika dürfen wir nicht aus dem Blick verlieren.

Seit 2008 hat die EU insgesamt mehr als eine Milliarde Euro in Projekte investiert, um das Somalia politisch und wirtschaftlich zu stabilisieren. Ich bin überzeugt: Die Mittel, die wir jetzt gezielt in Frieden und Stabilität in Somalia investieren, zahlen sich am Ende um ein Vielfaches aus. Denn all diese Projekte zielen darauf ab, dass Krisen und Konflikte in Somalia gar nicht erst wieder aufflammen und eskalieren.

Was tun wir also ganz konkret in Somalia?

• Beim Staats- und Verwaltungsaufbau fördern wir die Entwicklung rechtsstaatlicher und demokratischer Strukturen und stärken den Aussöhnungsprozess zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen.

• Wir unterstützen die wirtschaftliche Erholung des Landes, indem wir die Produktionsbedingungen in der Landwirtschaft verbessern und die Entwicklung eines privatwirtschaftlichen Sektors fördern.

• Bereits seit 1994 bildet die humanitäre Hilfe einen besonderen Schwerpunkt des EU-Engagements: Allein zwischen 2011 und 2014 leistete die EU humanitäre Hilfe in Höhe von mehr als 240 Millionen Euro.

Trotz des umfassenden Engagements der internationalen Gemeinschaft gilt Somalia aber weiterhin als fragiler Staat. Wir können alles andere als zufrieden sein. Machen wir uns keine Illusionen: Der Weg vom „failed state“ zu „good governance“ ist kein Sprint, sondern ein langer, beschwerlicher Marathonlauf. Somalia ist nicht nur auf den ersten Kilometern, sondern auf der gesamten Strecke auf unsere Unterstützung angewiesen.

Wenn wir Somalia nachhaltig stabilisieren wollen, kommt es vor allem auf die Instrumente der zivilen Konfliktnachsorge und der Entwicklungszusammenarbeit an.

Ohne ein Mindestmaß an effektiver Staatlichkeit werden wir weder die Grundbedürfnisse der Bevölkerung bei der Versorgung mit Wasser, Energie und Gesundheitsfürsorge

befriedigen können. Noch dürften ausreichend Nahrungsmittel durch die lokale Landwirtschaft produziert werden.

Dafür müssen wir die somalische Regierung wieder in die Lage versetzen, die Verantwortung eines Staates wahrzunehmen: nämlich aus eigener Kraft Frieden und Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger des Landes zu gewährleisten. Somalia braucht Sicherheitsstrukturen, die funktionieren und sich selbst tragen, damit die zivilen Instrumente wirksam greifen können.

Unser gemeinsames Ziel bleibt, dass im Jahr 2016 freie Wahlen in einem dann ausreichend stabilisierten Land stattfinden können.

Dafür leisten neben den diplomatischen Bemühungen des EU-Sonderbeauf-tragten für die Region auch die verschiedenen Missionen im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik einen wichtigen Beitrag:

• Seit 2008 sichert die Operation ATALANTA das humanitäre und entwicklungspolitische Engagement durch den Schutz der Schiffe des Welternährungsprogramms. Die von kriminellen Netzwerken ausgehende Piraterie wurde damit erfolgreich zurückgedrängt.

• Seit 2012 unterstützt die zivile Mission EUCAP NESTOR die somalischen Behörden beim Aufbau eigener Fähigkeiten bei der maritimen Sicherheit.

• Und nicht zuletzt: Mit der Ausbildungsmission EUTM Somalia unterstützen wir die somalische Regierung seit 2010 beim Aufbau demokratisch kontrollierter, den Grundsätzen des Völkerrechts und dem Schutz der Menschenrechte verpflichteter Streitkräfte.
Die Fortsetzung der deutschen Beteiligung an dieser wichtigen Mission ist Gegenstand des heutigen Antrags der Bundesregierung.

Wenn wir die aktuelle Situation in Somalia mit der Ausgangslage zu Beginn der Mission im Jahr 2010 vergleichen, zeigen sich durchaus beachtliche Fortschritte: Heute sind die islamistischen Terrormilizen der al-Shabaab unter dem militärischen Druck von AMISOM – der Mission der Afrikanische Union – und der somalischen Armee in weiten Teilen des Landes auf dem Rückzug. Darüber können auch die jüngsten Meldungen über furchtbare Anschläge, vor allem in Mogadischu, nicht hinwegtäuschen.

Trotz des schwierigen Umfelds blickt EUTM Somalia auf sichtbare Erfolge zurück: Insgesamt wurden bislang rund 4.800 somalische Soldaten im Rahmen der EU-Mission ausgebildet, davon 1.200 in Mogadischu, wo die Ausbildung seit Anfang 2014 erfolgt.

Die EU-geführte Ausbildungsmission ist ein wichtiger Baustein zur Förderung afrikanischer Fähigkeiten und der Übernahme von Eigenverantwortung, einem Kernanliegen der Afrikapolitik der Bundesregierung.

Mit der Fortsetzung der Beteiligung deutscher Soldatinnen und Soldaten an der EU-geführten Beratungs- und Ausbildungsmission EUTM Somalia sendet Deutschland ein wichtiges Signal: Wir zeigen Solidarität und leisten konkrete Hilfe. Unser militärisches Engagement ist ein bescheidenes, aber notwendiges Element einer Afrika-Strategie die Frieden, Stabilität und Sicherheit verpflichtet ist.

Dafür bitte ich Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, im Namen der Bundesregierung um Ihre tatkräftige Unterstützung.

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