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Kulturgüter besser schützen

26.05.2015 - Interview

Beitrag der Staatsministerin im Auswärtigen Amt Maria Böhmer. Erschienen in der Welt (26.05.2015).

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Deutschland hat den Vorsitz im Welterbekomitee der Unesco. Als dessen Präsidentin erlebe ich, welche hohe Erwartungen an Deutschland herangetragen werden. Wir haben die Bilder zerstörter Kulturgüter und Welterbestätten in Mossul, Nimrud und Hatra noch vor Augen, und täglich erreichen uns neue. Jüngster Versuch ist der Angriff auf Palmyra, eine internationale Forschungsstätte erster Klasse und, wie es der Heidelberger Archäologe Peter A. Miglus formuliert, „ein Gesamtkunstwerk, in dem sich Orient und Okzident begegnen“.

Wir haben in Afghanistan, Mali, Syrien und im Irak gesehen, dass Kulturbarbarei zu einer Strategie der Kriegsführung geworden ist und zur Finanzquelle des internationalen Terrorismus. Auch Naturkatastrophen wie jüngst das Erdbeben in Nepal bedrohen immer wieder das kulturelle Erbe der Menschheit. Kulturgüter sind das Fundament für Identität, Heimat, Sicherheit – für den Zusammenhalt von Gesellschaften und Religionen.

Wir werden Krieg und Zerstörung nicht immer verhindern können, wir werden auch nicht immer militärisch eingreifen können, aber wir müssen nicht untätig bleiben. Wir können gezielte Zerstörungen von Kulturgütern als das ächten, was sie sind: als Kriegsverbrechen, die geistige, soziale und wirtschaftliche Grundlagen und damit die Existenz von Menschen vernichten. Wir können die Betroffenen durch energische, substanzielle und koordinierte Hilfe stärken. Schutz, Erhalt und Wiederaufbau von Kulturgütern müssen in Krisen noch mehr als bisher zu einem komplementären Instrument der Außenpolitik werden.

Wir brauchen daher erstens eine zentrale Koordinierungsstelle für die internationale und deutsche Hilfe für Kulturgüter in Krisen. Und wir brauchen zweitens einen Fonds zur Nothilfe für Kulturgüter in Gefahr. Das Auswärtige Amt ist der richtige Ort dafür. Im Rahmen der Auswärtigen Kulturpolitik können Bedarf und Geber aus dem In- und Ausland ermittelt und mit nationalen und internationalen Partnern, insbesondere der Unesco, koordiniert werden. Bereits heute sind das Deutsche Archäologische Institut und die Stiftung Preußischer Kulturbesitz in beispielhafter Weise engagiert. Auch private Stiftungen, wissenschaftliche Einrichtungen und Nichtregierungsorganisationen sind zunehmend aktiv. Effiziente Koordinierung und außenpolitische Steuerung sind daher wichtiger denn je. Ein Hilfsfonds könnte in akuten Krisen kurzfristige Maßnahmen finanzieren, Menschen vor Ort und lokale Partner bei Maßnahmen zur Sicherung von Kulturstätten unterstützen.

Die im Mai zur Abstimmung anstehende und von Deutschland und Irak eingebrachte Resolution der UN-Generalversammlung gegen Zerstörung antiker Stätten ist ein wichtiges politisches Signal der Weltgemeinschaft, dass die von Isis behauptete religiöse Begründung für die Zerstörungen von keinem Land der Welt akzeptiert wird. Und dass der Schutz von Kulturgütern eine gemeinsame Aufgabe ist.

Auch wenn die Linderung menschlicher Not immer Vorrang haben muss, ist der Einsatz für Kulturstätten Ausdruck des Willens, die kulturelle Identität und die Existenz von Menschen für die Zukunft zu sichern. Der internationale Schutz von Kulturgütern hat eine humanitäre, eine sicherheitspolitische und eine völkerrechtliche Dimension. Alle drei müssen wir stärken.

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