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Grußwort des Staatsministers für Europa im Auswärtigen Amt, Michael Roth, anlässlich eines ökumenischen Gottesdienstes für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Auswärtigen Amts am 9. Juli 2014 in der Marienkirche in Berlin

09.07.2014 - Rede

-- es gilt das gesprochen Wort --

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Danke für die Initiative aus der Mitte unserer Kolleginnen und Kollegen, auch in diesem Jahr gemeinsam einen Gottesdienst zu feiern. Besonderen Dank an unsere Kollegin Julia Kahrl für Ihr Engagement. Und Danke an die Kirchen für die Bereitschaft, ihre Türen für uns weit zu öffnen.

Wir sind im Amt eine bunte Truppe! Darauf sind wir alle auch ein wenig stolz. Dieser Gottesdienst versteht sich selbstverständlich nicht nur als Angebot an gläubige Christinnen und Christen. Die Einladung geht an alle Kolleginnen und Kollegen, die den Wunsch verspüren, in diesen hektischen Wochen der Veränderungen für einen Moment einzukehren, sich zu verabschieden, und sich gegenseitig Zuversicht zu schenken.

Als ich am 17. Dezember 2013 ins Amt kam, war auch für mich der Neubeginn mit einem Abschied verbunden. Abschied nehmen von einem vertrauten Leben als Parlamentarier. Abschied von eingetretenen Pfaden und Abläufen. Zugebenermaßen hatte ich nicht nur Respekt vor der neuen Aufgabe. Ich hatte auch ein wenig Angst. Angst vor dem Verlust des Vertrauten und Gewohnten.

Ich habe sehr schnell gelernt, was es für Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, heißt loszulassen und sich für neues zu öffnen. Es ist quasi Bestandteil Ihrer Berufs-DNA: loszulassen, sich vom Vertrauten zu verabschieden, sich dem Neuen zuzuwenden. Für diesen Mut und diese Professionalität bewundere ich Sie. Was für Sie selbstverständlich ist, habe ich mir erst einmal mühsam erschließen müssen: eVT oder WBR beispielsweise!

Sie haben sich für einen Beruf entschieden, der zum Verharren oder für Stillstand keinen Raum lässt. Das ist der ganz besondere Reiz des Auswärtigen Dienstes.

Aber es ist eben auch die große Herausforderung, der Sie sich immer wieder aufs Neue stellen.

Wir alle kennen doch die Situation: Abschied ist immer auch mit Wehmut verbunden. Das verschlissen Lieblingshemd, das in der Altkleidersammlung verschwindet, die Bücher, die auf den Flohmarkt wandern, die alte Couch, die ihren letzten Weg zum Sperrmüll beschreitet. Ganz zu schweigen vom Schmerz, wenn es heißt, dem Kollegen, der Freundin, dem Partner Lebewohl zu sagen.

Sie haben im Laufe Ihres beruflichen Lebens gelernt, im neuen Weg vor allem die Chance und nicht allein das Risiko zu sehen. Sie haben immer wieder erfahren, was es heißt, Bewährtes hinter sich zu lassen. Sie verfügen über die Souveränität, das alles mit Haltung zu bestehen.

Und dennoch bin ich mir sicher: Ihnen, den erfahreneren, gelernten Diplomaten geht es bisweilen wie mir. Die Frage aller Fragen stellt sich auch Ihnen: Was werfe ich weg?

Wovon nehme ich Abschied? Welche Freundschaft ist es wert, trotz weiter Entfernungen gepflegt zu werden? Welche Liebe oder das, was davon noch übrig geblieben ist, nehme ich mit in mein neues Leben? Ein Patentrezept gibt es nicht. Wir müssen immer wieder unser Herz über die Hürde werfen, auch Kompromisse eingehen - und Fehler machen.

Was lasse ich hinter mir? Was nehme ich mit? Diese Fragen treiben uns alle um. Diejenigen, die endlich ihren Wunschposten erhalten haben. Diejenigen, die sich unerwartet einer neuen Aufgabe zu widmen haben. Diejenigen, die schlicht bleiben, was sie sind, gleichwohl sie anderes erhofften. Ja, und dann befallen vielleicht auch Sie, die Profis, Ängste und Sorgen.

Und da tut es gut zu wissen: Wir können nicht tiefer fallen als in Gottes Hand. Wir müssen keinen perfekten Weg einschlagen. Auch krumme Wege, die sich erst einmal der Vernunft zu entziehen scheinen, können gute Wege werden.

Soeben haben wir gemeinsam gesungen: „Vertraut den neuen Wegen, auf die der Herr uns weist, weil Leben heißt sich regen, weil Leben wandern heißt.“

Es regt sich in diesen Tagen und Wochen viel für Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen! Kein anderes Ministerium, keine andere Behörde ist derart in Bewegung wie unser Auswärtiges Amt. Das Lied passt zu Ihnen allen, unabhängig davon, ob Sie in diesem oder erst im nächsten Jahr eine neue Aufgabe im Haus, einen neuen Posten im Ausland übernehmen.

Ich wünsche Ihnen und Ihren Lieben Kraft fürs Abschied nehmen und Neugier auf das Neue. Folgen Sie ihrem Herzen. Hören Sie bisweilen auch auf ihren Bauch. Vertrauen Sie Gott. Und bleiben Sie behütet.

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