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Grußwort von Staatsministerin Cornelia Pieper zum Besuch einer Delegation von UNESCO-Botschaftern in Deutschland

06.12.2010 - Rede

2011 jährt sich der Beitritt Deutschlands zur UNESCO zum 60. Mal. Anlässlich des Besuchs einer Delegation von UNESCO-Botschaftern aus Paris in Deutschland hielt Staatsministerin Cornelia Pieper am 6. Dezember 2010 bei einer Begegnung mit den Botschaftern im Auswärtigen Amt folgendes Grußwort.

-- Es gilt das gesprochene Wort --

Exzellenzen, sehr geehrte Damen und Herren Vertreter bei der UNESCO in Paris,

ich freue mich, Sie heute hier in Berlin im Auswärtigen Amt begrüßen zu dürfen. Schön, daß Sie unserer Einladung zu dieser Reise gefolgt sind!

Damit haben Sie uns die Möglichkeit geboten, Ihnen aus erster Hand einige ausgewählte deutsche Welterbestätten vorzustellen. Zudem können Sie mit wichtigen Partnern und Vertretern dieser Stätten ins Gespräch zu kommen und erfahren, wie die Bundesrepublik, ihre Länder und Kommunen ihre Welterbestätten erhalten und pflegen. Ich danke Ihnen sehr für Ihr Interesse und freue mich, auch von Ihnen über Ihre Erfahrungen zu hören.

2011 wird sich der Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zur UNESCO zum 60sten Mal jähren. Dieser Beitritt war einer der ersten internationalen Mitgliedschaften Deutschlands im VN System und für die internationale Reputation der jungen Bundesrepublik von großer Bedeutung. Die DDR trat 1972 bei – und seit 1990 nimmt natürlich das vereinigte Deutschland aktiv an der Arbeit der UNESCO teil.

In der Bundesrepublik sind wir, das werden Sie alle schon erfahren haben, überzeugt davon, dass wir globale Fragen nur im Dialog unter Partnern lösen können. Zu diesem Zweck engagiert sich Deutschland auch im Exekutivrat der UNESCO und in seinen Ausschüssen. Zu diesem Zweck versuchen wir mit Hilfe der Deutschen UNESCO-Kommission partnerschaftliche Unterstützung zu leisten, und diesem Zweck dient auch die internationale Kooperation im Entwicklungsbereich.

2012 jährt sich wiederum die Unterzeichnung der Welterbekonvention zum 40. Mal. Sie erfreut sich in Deutschland einer besonderen Popularität und Beliebtheit. Die Welterbekonvention ist ein hervorragendes Beispiel für gelingende interkulturelle Kommunikation und multilaterale kulturelle Zusammenarbeit.

Deutschland hat derzeit 33 Eintragungen in der Liste der Welterbestätten. Darauf sind wir stolz und glücklich. Um den Erhalt dieser historischen Orte von Weltrang zu unterstützen, hat die Bundesregierung eine Vielzahl von Unterstützerprogrammen aufgelegt. Beispielhaft sei genannt ein Investitionsprogramm des Verkehrsministeriums, das von 2009 bis 2014 zu diesem Zweck 150 Mio. Euro zur Verfügung stellt. Damit kommen 26 der 33 deutschen Welterbestätten in den kommenden fünf Jahren in den Genuss dieser besonderen Förderung. Die verbleibenden sieben Welterbestätten werden darüber aber sicher auch nicht vergessen.

Neben der Museumsinsel und dem Hufeisen-Viertel in Berlin sowie der Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar werden Sie in den nächsten drei Tagen ausgewählte Welterbestätten in meiner Heimat Sachsen-Anhalt und in Thüringen kennenlernen.

Diese Länder sind gemeinsam mit Sachsen die Kernländer der deutschen Reformation. Es ist daher kein Zufall, dass die Welterbestätten in Sachsen-Anhalt in vielen Punkten mit dem Leben Martin Luthers verbunden sind.

Sie werden die Lutherstätten in Wittenberg besuchen,- das Lutherhaus und die berühmte Stadtkirche zu Wittenberg, an deren Eingangstür nach der Legende der große Reformator im Jahr 1517 seine berühmten Ablassthesen heftete und so den Beginn der Reformation einleitete. Sie werden Luthers Geburtshaus in Eisleben kennenlernen und am Mittwoch die Burg „Wartburg“ besuchen. Das ist der Ort, an dem Martin Luther innerhalb kürzester Zeit die Texte des Neuen Testamentes ins Deutsche übersetzte und so „ganz nebenbei“ den entscheidenden Impuls für die Entwicklung einer einheitlichen deutschen Sprache gab.

All diese Welterbestätten markieren nicht nur für die deutsche, sondern für die europäische Geschichte als Ganze eine wichtige Epoche. All diese Stätten werden uns in den nächsten Jahren helfen, unter dem Stichwort „Reformationsdekade“ dieser für die deutsche und europäischen Geschichte wichtigen Wegmarke zu gedenken.

Damit greifen wir eine zentrale Intention der Welterbekonvention auf: nämlich, signifikante nationale Welterbestätten aus einem bloß nationalen Zusammenhang herauszulösen und in den Kontext einer globalen Kulturgeschichte der Menschheit zu rücken. Dabei orientieren wir uns an dem Grundgedanken, den der romantische Komponist und Musiker Gustav Mahler einmal so formulierte: „Tradition ist die Weitergabe des Feuers und nicht die Anbetung der Asche.“

Beim Erhalt und der Pflege der Welterbestätten lassen wir uns von drei Grundsätzen leiten:

Ganz im Sinne der strategischen Ziele der Konvention steht Deutschland für einen partnerschaftlichen Ansatz beim Erhalt des Kultur- und Naturerbes weltweit, für eine zukunftsorientierte Weiterentwicklung des Welterbegedankens und für eine behutsame und nachhaltige Entwicklung der Welterbestätten.

Das erscheint uns um so wichtiger, als wir alle gemeinsam behutsame und ausgewogene Kompromisse finden müssen für ein grundsätzliches Problem, dass Ihnen sicherlich auch aus Ihren Ländern bekannt ist:

Ich meine das zunehmende Spannungsverhältnis zwischen der Bewahrung unserer Welterbestätten und dem wachsenden Bedarf z.B. von verkehrstechnischen und wirtschaftlichen Infrastrukturmaßnahmen der Gegenwart.

Für Deutschland seien beispielhaft kurz zwei aktuelle Projekte genannt, bei denen Ihnen zumindest das Erstgenannte sicher bekannt ist: ich meine die geplante Brücke am Oberen Mittelrheinthal, die auch die letzte Generalversammlung in Brasilia beschäftigt hat und den geplanten Bau eines Windmühlenparks einige Kilometer von der Wartburg entfernt, der nach Meinung von Kritikern die freie Sicht auf die Burg und damit die Qualität des Ortes als Welterbestätte ernsthaft beeinträchtigen könnte. Hier werden sie am Mittwoch noch Gelegenheit haben, sich aus nächster Nähe ein eigenes Bild zu machen und darüber mit dem Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Freistaates Thüringen ins Gespräch zu kommen.

Deutschlands Engagement reicht aber weit über den Erhalt und die Pflege der eigenen Welterbestätten hinaus. Mit zahlreichen Initiativen unterstützten wir den Erhalt zentraler Kulturgüter weltweit. Als Beispiel möchte ich nur die afghanische Ausstellung „Gerettete Schätze“ nennen, die wir im Frühjahr nach Bonn eingeladen haben. Das Programm des Auswärtigen Amts zum Erhalt des Kulturerbes weltweit besteht seit nunmehr 30 Jahren und hat unzählige größere und kleinere Projekte ermöglicht.

Gerne möchten wir unsere Erfahrungen und Expertisen beim Erhalt von Welterbestätten mit den anderen Unterzeichnerstaaten der Welterbekonvention teilen.

Deshalb haben wir uns entschieden, nach nunmehr 14 Jahren wieder für einen Sitz im Welterbekomittee zu kandidieren. Diese Kandidatur zählt für uns im Jahr 2011 zu den wichtigen Kandidaturen auf internationalem Parkett. Um ihre Unterstützung durch Sie möchte ich hiermit heute auch ausdrücklich werben.

Abschließend danke ich Ihnen herzlich für Ihre Aufmerksamkeit. Ich wünsche Ihnen einige angenehme und informative Tage hier in Deutschland, mit vielen positiven, angenehmen und interessanten Eindrücken.

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