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„Corvey ist einzigartig“

26.05.2015 - Interview

Heute (26.05.) übergibt Außenminister Frank-Walter Steinmeier in Corvey (Nordrhein-Westfalen) die UNESCO-Urkunde zur Eintragung des Karolingischen Westwerks und der Civitas Corvey in die UNESCO-Welterbeliste an die Eigentümer. Aus diesem Anlass sprach Steinmeier mit der Neuen Westfälischen.

Heute (26.05.) übergibt Außenminister Frank-Walter Steinmeier in Corvey (Nordrhein-Westfalen) die UNESCO-Urkunde zur Eintragung des Karolingischen Westwerks und der Civitas Corvey in die UNESCO-Welterbeliste an die Eigentümer. Aus diesem Anlass sprach Steinmeier mit der Neuen Westfälischen (26.05.).

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Er kommt aus der Region Ostwestfalen, aus dem Lipper Land: Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier verbindet noch vieles mit seinen Wurzeln. Am heutigen Dienstag wird er in Corvey die Urkunden für den Eintrag des Weltkulturerbes Karolingisches Westwerk und Civitas Corvey in die UNESCO-Listen an die Eigentümer, die katholische Kirchengemeinde und das herzogliche Haus, zusammen mit NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft überreichen. NW-Redakteurin Simone Flörke fragte ihn nach seiner Erinnerung an Corvey und nach der Bedeutung dieser Welterbestätte.

Herr Steinmeier, können Sie sich noch an Ihren ersten Besuch in Corvey erinnern? Wann war das? Was haben Sie erlebt?

Bekanntlich bin ich Lipper von Geburt, in Brakelsiek – heute ein Ortsteil von Schieder-Schwalenberg – aufgewachsen. Die Weser, Höxter, Corvey – das alles war nur einen Steinwurf entfernt. Das alles kenne ich aus meiner Jugendzeit recht gut. Noch während meiner Grundschulzeit war ich das erste Mal hier und hab’ wahrscheinlich mit großem Respekt vor den monumentalen Mauern gestanden.

Welche Bedeutung hat Corvey in Deutschland?

Corvey ist einzigartig. Das Karolingische Westwerk und die Civitas sind ein echtes Meisterwerk der Baukunst im fränkischen Reich! Die Bedeutung geht jedoch weit über das Architektonische und Kulturelle hinaus: Mit Corvey befand sich hier im Weserbogen eines der einflussreichsten Klöster seiner Zeit. Ein Ort der Gelehrsamkeit, der Kunst und Literatur – und auch der Politik. Denn als Reichsabtei hatte Kloster Corvey nicht nur geistige und geistliche Funktion, sondern auch politische und wirtschaftliche Bedeutung. Die Mönche agierten sozusagen als Vorposten des fränkischen Reiches am Rande der damaligen christlichen Welt. Dass wir nun, knapp 1.200 Jahre später, das karolingische Westwerk und die Civitas als UNESCO-Welterbe würdigen, hat gerade vor diesem Hintergrund eine besondere Relevanz. Wir leben in einer Zeit, in der uns fast täglich Bilder barbarischer Zerstörungen von Welterbestätten erreichen. Mossul, Nimrud, Ninive und nun auch Palmyra – mit den Zerstörungen von Welterbestätten im Nahen Osten durch die Terrorbanden der ISIS soll kulturelles Bewusstsein ausgelöscht werden. Corvey steht als neue UNESCO-Welterbestätte stellvertretend für alle Welterbestätten weltweit. Indem wir uns für ihren Schutz einsetzen, bewahren wir das Erbe der Menschheit.

Welche Bedeutung hat der Weltkulturerbe-Titel für Deutschland, für NRW, aber auch für Ostwestfalen-Lippe und für Sie persönlich – der erste Welterbe-Titel in Westfalen?

In Deutschland haben wir inzwischen 39 Welterbestätten. Eine durchaus stattliche Zahl, auf die wir sehr stolz sein können! Dass Corvey nun auch zu diesem Kreis gehört, freut mich für Ostwestfalen ganz besonders. Es ist eine Auszeichnung für die ganze Region. Corvey ist schon jetzt ein touristischer Anziehungspunkt. Mit der Anerkennung als Weltkulturerbe steigt die Attraktivität des Raumes noch weiter an und wird sicher noch mehr Besucher an die Weser bringen. Ich will all denen, die sich in den vergangenen Jahren für Corvey und die Anerkennung als Weltkulturerbe eingesetzt haben, ganz herzlich danken.

Wohin sollte der Weg von Corvey mit dieser Auszeichnung nun führen? Was sollte getan werden?

In Corvey haben Kunst und Kultur Jahrhunderte überdauert. Wir sollten die Auszeichnung für das Karolingische Westwerk und die Civitas als Ermutigung ansehen, Ermutigung dafür, uns weiterhin für den Erhalt von Weltkulturerbe stark zu machen. Corvey selbst und die positive Signalwirkung, die die UNESCO-Auszeichnung für die gesamte Weserregion haben könnte, sind das Eine. Wir sollten jedoch auch den immateriellen Wert der Auszeichnung, das, was hinter ihr steht, im Kopf halten und es als Anlass nehmen, uns über die Region und über die Grenzen Deutschlands hinaus für den Erhalt von Welterbe einzusetzen. Die Eintragung in die UNESCO-Welterbeliste ist insoweit Ehre und Verpflichtung zugleich.

Was tut der Bund dafür? Welche Aufgabe kann der Bund übernehmen und übernimmt er bereits?

Der Bund ist in vielerlei Form engagiert. Wir setzen uns in Berlin, bei der UNESCO in Paris und an vielen weiteren Orten weltweit für den Schutz von Welterbestätten ein. Unser Einsatz für die Rettung jahrhundertealter Handschriften aus Timbuktu in Mali stellt dies besonders eindrucksvoll dar. Auch das Bundesumweltministerium ist engagiert. Über das Bundesprogramm „Nationale Projekte des Städtebaus“ werden vier Millionen Euro für die Stabilisierung und Entwicklung des noch jungen Welterbes in Corvey im Hinblick auf touristische Aufmerksamkeit und nationale Ausstrahlung für Kultur und Wissenschaft bereitgestellt.

Auf was freuen Sie sich am Dienstag besonders?

Sie werden es nicht glauben, aber dieses Pfingstwochenende stand ganz im Zeichen von Lippe und Ostwestfalen. Über Pfingsten hat mein Heimatdorf sein Jubiläumsschützenfest gefeiert. Und zum 150. Geburtstag war ich natürlich dabei und habe viele alte Freunde, Schulkameraden, Fußballfreunde nach langen Jahren wieder getroffen. Dass ich am Dienstag als Außenminister Corvey auszeichnen darf, ist krönender Abschluss dieses Wochenendes. Die Region kann mit Recht stolz auf den UNESCO-Titel sein!

Übernahme mit freundlicher Genehmigung der Neuen Westfälischen. www.nw-news.de

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