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„Wer die Untersuchung behindert, hat etwas zu verbergen oder kein Herz“

20.07.2014 - Interview

Interview mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier zum Absturz einer Passagiermaschine über der Ostukraine. Erschienen in der Bild am Sonntag (20.07.2014).

Interview mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier zum Absturz einer Passagiermaschine über der Ostukraine. Erschienen in der Bild am Sonntag (20.07.2014).

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Wer sind aus Ihrer Sicht die Schuldigen für den Absturz von Flug MH 17?

Es muss mit Hochdruck daran gearbeitet werden, die notwendigen und verfügbaren Erkenntnisse heranzuziehen. Dazu gehört auch die Untersuchung der Wrackteile. Auch deshalb ist ein freier und ungehinderter Zugang zur Absturzstelle so wichtig. Wer das behindert, oder gar verweigert, hat entweder etwas zu verbergen oder kein Herz, oder beides.

Letztlich macht es keinen Unterschied, ob der Abschuss von MH 17 volle Absicht oder ein schreckliches Versehen war. Wer solche Waffen einsetzt, nimmt die Katastrophe in Kauf, die jetzt geschehen ist, und macht offensichtlich vor nichts mehr halt. Es macht mich unglaublich wütend, dass so etwas mitten in Europa wieder denkbar geworden ist.

Man muss befürchten, dass die Separatisten sich auch jetzt, angesichts der fürchterlichen Katastrophe von MH 17, nicht an die grundlegendsten Regeln unserer Zivilisation halten. Das ist schockierend und empörend zugleich!

Haben Russland und Präsident Putin eine Mitverantwortung?

Dass überhaupt so schwere Waffen – nach allem, was wir wissen, wohl aus russischer Produktion – zum Einsatz kommen, ist doch Wahnsinn. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir der Sache auf den Grund gehen können. Dann wird sich klären, ob es eine direkte Beteiligung von Kräften aus Russland am Abschuss gegeben hat.

Jedenfalls hat die russische Führung in den letzten Wochen die Separatisten nicht erfolgreich von ihrem gefährlichen Tun abgehalten. Das Einsickern von Waffen ging weiter. Dass Leute mit russischem Pass wie Igor Strelkow – oder wie auch immer er sich gerade nennt – auf der Krim, in Slawjansk und jetzt in Donezk weiter ihr Unwesen treiben können, ohne dass Russland dem Einhalt gebietet, ist jetzt noch unverständlicher.

Werden die Täter zur Rechenschaft gezogen?

Die Täter und ihre Hintermänner dürfen nicht davonkommen. Die Ermittlungen brauchen ihre Zeit, müssen aber mit großer Sorgfalt, Konsequenz und Ernsthaftigkeit angegangen werden. Wir brauchen eine unabhängige, internationale Untersuchung, die über jeden Zweifel erhaben ist.

Jedenfalls darf das fürchterliche Opfer der Passagiere von MH 17 nicht vergebens gewesen sein. Jetzt ist der Moment, dass alle innehalten und sich klarmachen müssen, was uns allen blühen kann, wenn wir die Eskalation nicht stoppen. Wir brauchen dringend einen beidseitigen Waffenstillstand und eine effektive Kontrolle der Grenze zu Russland. Moskau hat jetzt eine vielleicht letzte Gelegenheit zu zeigen, dass es wirklich ernsthaft an einer Lösung interessiert ist.

Übernahme mit freundlicher Genehmigung der Bild am Sonntag.

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