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Außenminister Gabriel nach seinem Gespräch mit dem türkischen Außenminister

08.03.2017 - Pressemitteilung

Nach seinem Gespräch mit dem türkischen Außenminister Çavuşoğlu sagte Außenminister Sigmar Gabriel heute (08.03.):

„Ich komme gerade aus dem Gespräch mit meinem türkischen Amtskollegen.

Ich begrüße es ausdrücklich, dass mein türkischer Kollege für dieses Gespräch hier zu uns nach Berlin gekommen ist.

Wir haben in den letzten Tag immer wieder von wachsenden Spannungen zwischen der Türkei und Deutschland – und leider auch innerhalb der türkischen Community in Deutschland - deshalb war es gut, dass wir uns heute zum persönlichen Gespräch hier getroffen haben.

Ich glaube, wie auch immer man die Position der Türkei oder die türkische Seite unsere Position beurteilt, wie groß die Differenzen und Auseinandersetzungen auch sein mögen, dass es keine Alternative zu Gesprächen gibt. Nur dadurch werden wir Schritt für Schritt die Möglichkeit haben, wieder zu einem normalisierten und ja eigentlich zwischen Deutschen und Türken doch durchaus freundschaftlichen Verhältnis zurückzukehren.

Das will ich an den Anfang meiner Bemerkung stellen.

Ich persönlich habe mich über viele Jahre und Jahrzehnte immer sehr für die Türkei interessiert, auch für die Menschen aus der Türkei, die bei uns leben. Ich fand immer, dass es eine bemerkenswert große und gewachsene Freundschaft zwischen diesen beiden Völkern, zwischen den Menschen gegeben hat. Gerade auch die Türkinnen und Türken in Deutschland sind zu wichtigen Brückenbauern geworden in die Türkei. Bei allen Schwierigkeiten, die wir heute haben: Wir müssen uns an die großartigen Erfolge dieser Freundschaft, der Zusammenarbeit, dem Aufbau unseres Landes erinnern, an die kulturellen, an die künstlerischen, aber eben auch an die wirtschaftlichen Erfolge, die Türkinnen und Türken in Deutschland geleistet haben und umgekehrt, die Deutsche in der Türkei geleistet haben.

Die Erinnerungen an diese guten Beziehungen sind deshalb wichtig, weil sie aktuell so angespannt sind. Es zeigt aber auch: es ist nicht die Normalität. Die Normalität ist besser, als die aktuelle Situation. Wieder zu dieser besseren Normalität zurückzukehren, ist sowohl der Wunsch meines türkischen Kollegen, als auch meiner.

In unserer Begegnung ist es natürlich so gewesen, dass wir zu allen schwierigen und zum großen Teil auch kontroversen Themen gesprochen haben, über die unterschiedlichen Auffassungen zum Referendum, genauso wie über die Inhaftierung türkischer und auch eben eines deutschen Journalisten, über die konsularischen Fragen, die es gibt und natürlich auch immer wieder über das Thema des Auftritts türkischer Politiker hier in Deutschland im Rahmen des Wahlkampfes in der Türkei für das Referendum. Wir waren uns einig, dass keine der beiden Seiten ein Interesse daran hat, die deutsch-türkischen Beziehungen nachhaltig zu beschädigen, und dass wir die Belastungsproben, denen wir derzeit ausgesetzt sind nur dann werden meistern können, wenn wir in einem sachlichen und auch respektvollen Dialog zueinander treten.

Also: Unser heutiges Treffen war gut, war ehrlich, war freundlich im Umgang und auch offen, aber eben durchaus auch hart und kontrovers in der Sache.

Ich habe noch einmal sehr deutlich gemacht, dass sich Vergleiche mit der Nazizeit und Ausfällen gegen Demokratie und Rechtsstaat in Deutschland verbieten. Dies ist das freieste Land, das auf deutschem Boden jemals existiert hat, wir sind eines der freiesten und demokratischsten Länder der Welt und ich glaube, dass sich Vorwürfe wie in den letzten Tagen nicht wiederholen dürfen. Die türkische Seite hat natürlich umgekehrt darauf aufmerksam gemacht, dass sie diesen respektvollen Umgang auch mit sich selbst gewahrt wissen will. Aber ich glaube, beide haben eine Verantwortung hierfür. Es gibt einfach Grenzen, die man nicht überschreiten darf und dazu gehört der Vergleich mit Nazideutschland.

Zweitens: ich habe sehr dafür plädiert, nicht Fehler oder unterschiedliche Themen gegeneinander aufzurechnen, sondern die Dinge sehr speziell auch sich anzuschauen; das gilt insbesondere auch für die Verhaftung des deutsch-türkischen/türkisch-deutschen Journalisten Denis Yücel.

Ich habe noch einmal klargemacht, dass die türkische Justiz aus unserer Sicht die Grundsätze eines fairen und rechtsstaatlichen Verfahrens zu beachten hat und eine unbefristete Untersuchungshaft für falsch und unangemessen halten. Wir setzen uns mit Nachdruck für die Freilassung von Deniz Yücel ein – auch für die anderen inhaftierten Journalistinnen und Journalisten. Vor allen Dingen aber wollen wir jetzt konsularischen Zugang haben. Das hat der türkische Ministerpräsident der deutschen Kanzlerin vor einigen Tagen zugesagt.

Für die Auftritte türkischer Regierungspolitiker oder Politiker in Deutschland gilt das, was wir seit einigen Tagen sagen: Es ist klar, dass, wer bei uns reden will, immer auf ein Land trifft, dass für die freie Meinungsäußerung eintritt. Aber man muss sich in Deutschland dann auch an die Spielregeln halten und die lauten: Regeln des Rechts, genauso wie Regeln des Anstands, das gilt auch im Wahlkampf. Ich bin sicher, dass die türkische Seite das genauso sieht und versteht, dass wir für diesen rechtsstaatlichen und respektvollen Ansatz eintreten.

Wir haben vereinbart, dass wir den Dialog so schnell wie möglich fortsetzen wollen. Nur diese Gespräche, wie wir sie heute geführt haben, bringen uns Schritt für Schritt wieder in bessere Verhältnisse, eine faire, ehrliche und offene Partnerschaft. Freundschaft zwischen den beiden Ländern muss unser Ziel sein und ich erinnere nochmal daran, was ich am Anfang gesagt habe: Wir haben eigentlich ein gutes Fundament. Die Menschen aus beiden Ländern kennen sich, es wird heute hier die Internationale Tourismusbörse eröffnet, die Türkei ist über viele Jahre ein großes Zielland für Touristinnen und Touristen.. Ich selber übrigens fahre regelmäßig dorthin, bin auch im letzten Jahr als Tourist dort gewesen. Ich weiß, dass viele Menschen zueinander ein gutes Verhältnis haben und das nicht durch die Politik beschädigt wissen wollen.

Am Ende will ich noch eine Botschaft an diejenigen Menschen aus der Türkei mit doppelter Staatsbürgerschaft oder mit türkischer Staatsbürgerschaft in Deutschland richten. Was immer wir an politischen Differenzen haben, wir dürfen es in Deutschland nicht zulassen, dass politische Auseinandersetzungen aus der Türkei nach Deutschland importiert werden.

Menschen aus der Türkei haben einen unglaublichen Anteil am Aufbau des Wohlstands in unserem Land. Vieles von dem, was wir heute haben, wäre ohne die Mithilfe türkischer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, türkischer Unternehmerinnen und Unternehmer überhaupt nicht möglich. Wir haben kulturellen Reichtum bekommen, sportlichen, wie wir wissen, aber eben auch wirtschaftlichen. Das heißt : Sie sind Teil unseres Landes, und so wollen wir uns auch verstehen. Sie sollen gleichberechtigte Bürgerinnen und Bürger unseres Landes werden, wo sie es noch nicht sind. Wir wollen vor allen Dingen zeigen, dass wir großen Respekt vor ihrer Hilfe in ihrer Aufbauleistung haben. Wir wollen ihnen sagen: Das hier ist euer Heimatland. Vielleicht nicht das Land, aus dem ihr kommt; vielleicht nicht das Land in dem ihr eure kulturellen Wurzeln seht – das ist auch nicht nötig. Aber wir wollen, dass wir in diesem Land miteinander gut und friedlich leben, und dass wir Streit in demokratischer Weise austragen. Dass wir niemanden respektlos behandeln und dass sie sich jedenfalls auf die Freundschaft der Deutschen verlassen können. Sie sollen wissen, dass wir sie gerne hier haben, und dass sie hier auch bleiben und mit uns dieses Land entwickeln sollen. Wir werden alles dafür tun, um zu verhindern, dass Konflikte, die gelegentlich zwischen Ländern oder in anderen Ländern existieren dazu führen, dass Deutsche und Türken sich in Deutschland auseinanderleben. Ich bin sicher, dass uns das gelingen wird.“

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