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„Pakistan in seiner demokratischen Entwicklung unterstützen“

31.08.2015 - Interview

Interview von Außenminister Frank-Walter Steinmeier mit den pakistanischen Zeitungen Nawa-i-Waqt und The Nation anlässlich seines Pakistan-Besuchs (31.08.2015)

Interview von Außenminister Frank-Walter Steinmeier mit den pakistanischen Zeitungen Nawa-i-Waqt und The Nation anlässlich seines Pakistan-Besuchs (31.08.2015)

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Wie schätzen Sie die deutsch-pakistanischen Beziehungen zu diesem Zeitpunkt ein?

An Pakistan führt in Asien kein Weg vorbei: Es hat eine dynamische Bevölkerung – die sechstgrößte der Erde – und eine Wirtschaft mit großem Potential. Das Land ist ein wichtiger Partner für Deutschland in der Region und ein zentraler Ansprechpartner bei den drängenden Fragen der internationalen Politik.

Es freut mich deshalb, dass die Beziehungen zwischen unseren Ländern immer enger werden. Wir können das etwa an der Vielzahl hochrangiger Besuche in den vergangenen Monaten ablesen, am wachsenden Interesse der deutschen Wirtschaft oder an der steigenden Anzahl pakistanischer Studenten in Deutschland. Deutschland setzt auch als Exportnation auf intensive und freundschaftliche Beziehungen zu Pakistan und möchte Pakistan in seiner demokratischen Entwicklung unterstützen.

Pakistan und Deutschland sind bei der Bekämpfung des Terrorismus Partner, Pakistan hat in Nord-Wasiristan eine Militäroperation gegen Zufluchtsorte von Terroristen begonnen. Wie steht Deutschland zu dieser Operation?

Pakistan ist selbst Opfer terroristischer Anschläge. Die Bilder des Massakers in der Schule in Peshawar vom Dezember 2014 stehen uns allen noch deutlich vor Augen. Einmal mehr wurde damals deutlich, dass der unzweideutige und entschlossene Kampf gegen extremistische Gewalt jeder Couleur in Pakistans ureigenem Interesse liegt. Deshalb ist es gut, dass Pakistan militanten Gruppen Rückzugsräume nimmt.

Gleichzeitig ist für den Kampf gegen Extremisten aus meiner Sicht von Bedeutung, dass er mit rechtstaatlichen Mitteln und unter Beachtung der Menschenrechte erfolgt. Ich setze mich deshalb für eine Rückkehr zum Moratorium bei der Vollstreckung der Todesstrafe ein. Die Todesstrafe ist nach unserer festen Auffassung eine unmenschliche Art der Bestrafung und außerdem kein effektives Mittel zur Abschreckung.

Deutschland hat Pakistan bei seinen Bemühungen um wirtschaftliche Entwicklung partnerschaftlich unterstützt. Wie wird es in Zukunft um die deutsche Wirtschaftshilfe für Pakistan bestellt sein?

Aktuell sind wir sehr aktiv bei der Verbesserung der Energieversorgung, insbesondere im Bereich Erneuerbare Energie, beim Polizeiaufbau oder bei der Entwicklung in ländlichen Regionen wie Belutschistan und den FATA. Unsere Unterstützung für die Entwicklung Pakistans, die sich seit den 60-er Jahren auf 2,5 Milliarden Euro summiert, passen wir aber auch künftig jeweils dem Bedarf an.

Für die Zukunft erhoffe ich mir verstärkt privatwirtschaftliches Engagement. Die Zahl der in Pakistan tätigen deutschen Unternehmen ist in den vergangenen Jahren deutlich angewachsen. Besonders der Ausbau der regionalen Infrastruktur – wie des Hafens Gwadar – bietet großes Potential. Eine stärkere wirtschaftliche Integration mit den Nachbarstaaten Indien, China, Afghanistan und Iran ist der richtige Weg, um einen auch für europäische Unternehmen attraktiven Wirtschaftsraum in Südasien zu etablieren.

Nach dem Rückzug der ausländischen Streitkräfte aus Afghanistan haben die Taliban ihre Angriffe auf ausländische und afghanische Ziele verstärkt. Wird es in Kabul Ihrer Meinung nach eine Taliban-Regierung geben?

Afghanistan hat eine souveräne und demokratisch gewählte Regierung, die die Unterstützung der großen Mehrheit der Bevölkerung genießt. Trotz der angespannten Sicherheitslage und der blutigen Anschläge der vergangenen Wochen: Das Rad der Geschichte lässt sich nicht zurückdrehen. Der Rückhalt für die Taliban ist massiv zurückgegangen. Die jüngsten Terroranschläge in Afghanistan sind deshalb ein Zeichen der Schwäche, nicht der Stärke. Die Taliban sollten ihren wirren Traum vom Emirat endgültig begraben und ihre Interessen in einen politischen Prozess zum Wohl Afghanistans einbringen.

Für den Kampf gegen den Terror und einen erfolgversprechenden Friedensprozess ist die Zusammenarbeit zwischen Afghanistan und Pakistan zentral. Nur beide Länder gemeinsam können diese Herausforderung meistern. Deutschland unterstützt Premierminister Sharif und Präsident Ghani bei ihrem mutigen Kurs. Wir setzen darauf, dass Afghanistan und Pakistan gerade nach den feigen Anschlägen der vergangenen Wochen die Gesprächskanäle offen halten und weiter den Weg der Annäherung gehen.

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