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Rede von Außenminister Frank-Walter Steinmeier anlässlich der Übergabe UNESCO Weltkulturerbe-Urkunde Hamburger Speicherstadt und Kontorhausviertel mit Chilehaus

27.06.2016 - Rede

Meine Damen und Herren,

ich freue mich sehr, heute hier zu sein: im Herzen von Hamburg.

Rote Backstein-Giebel; Türme, die sich in den Fleeten spiegeln; geschäftiges Treiben in den Kontoren; die Ahnung von Kaffee und Tee in der Luft, von Nelken und Pfeffer, vom Duft der großen weiten Welt - Hamburgs Speicherstadt und das Kontorhausviertel mit dem Chilehaus sind unverwechselbar!

Die wunderbaren Gebäude, die wir durchs Fenster sehen, stehen für hanseatische Kaufmannstradition. Sie stehen für Handel und Wandel, für Weltgewandtheit und Offenheit! Hier in den Lagerhäusern wurde aufbewahrt und veredelt, was die Schiffe über die Meere der Welt in den Hamburger Hafen brachten. Gleich nebenan entstand mit dem Kontorhausviertel das erste Büroviertel Europas. Gerade eben durften wir das von Fritz Höger errichtete Chilehaus besuchen. Zu Recht wird es als Ikone des Expressionismus bezeichnet. Und als wir dort oben von der Dachterrasse des Chilehauses hinunterschauten, da wurde ganz klar: Wenn Hamburg Deutschlands Tor zur Welt ist, dann zeigt sich die Pforte hier – genau an dieser Stelle - von seiner atemberaubenden, seiner schönsten Seite!

Diese Bauten, meine Damen und Herren, stehen für die Weltoffenheit Ihrer Stadt! Als gemeinsames Erbe der Menschheit werden sie heute ausgezeichnet.

Dazu, lieber Olaf, lieber Hamburgerinnen und Hamburger, gratuliere ich Ihnen und Ihrer Stadt herzlich!

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Diese wunderbare Speicherstadt und das Kontorhausviertel – das sind nicht Orte zum Bewundern, das sind Orte unserer Identität- Stätten wie diese schärfen den Blick auf unsere eigene Geschichte und auf uns selbst. Und sie helfen uns so dabei, uns in der Welt von heute zu verorten und zurechtzufinden.

Deswegen ist der Schutz dieser Stätten so wichtig. Und deswegen sind die Bilder so erschreckend, die uns aus den Krisengebieten des Mittleren Ostens und Nordafrikas erreichen – Bilder von der gewaltsamen Zerstörung von kulturellem Erbe. Diese Zerstörung legt zugleich die Axt an die Wurzel einer kulturellen Zukunft!

Ein Beispiel dafür ist die Oasenstadt Palmyra, die im letzten Jahr von islamistischen Horden vollständig zerstört zu werden drohte. Palmyra ist übrigens von Hamburg gar nicht so weit entfernt, wie es uns ein Blick auf die Landkarte glauben lässt. Denn so wie die Hamburger noch heute, so gehörten die Palmyrer in der Spätantike zu den renommiertesten Händlern. Ihre Stadt war ein kulturelles Zentrum, das für Toleranz zwischen Kulturen und Religionen stand. Wir wollen dabei helfen, dieses kulturelle Erbe Syriens zu erhalten! Vor wenigen Wochen haben wir in Berlin gemeinsam mit der UNESCO eine Expertenkonferenz zu diesem Thema ausgerichtet. Und glauben Sie mir, unter den Vertretern Syriens waren die enormen politischen und gesellschaftlichen Spannungen Syriens greifbar. Aber trotzdem! Trotzdem ist man ins Gespräch miteinander gekommen. Und: am Ende waren es die syrischen Teilnehmer aller Fraktionen, die die Ergebnisse der Workshops gemeinsam präsentiert haben!

Das unterstreicht für mich: Der Schutz und der Erhalt von Kulturerbe können einen Beitrag leisten auf dem Weg zum Frieden.

Ein Welterbe-Titel, so wie Hamburg ihn heute bekommt, ist deshalb nicht nur eine Auszeichnung. Er steht für mich persönlich auch als Mahnung und Verpflichtung, für den Schutz von Kulturerbe weltweit einzutreten.

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Meine Damen und Herren,

Mit dem Welterbe-Titel haben Sie heute allen Grund zu feiern!

Wenn wir im Auswärtigen Amt – auch als Vorsitz der entscheidenden UNESCO-Welterbe-Konferenz im vergangenen Jahr – ein wenig zu diesem Erfolg beitragen konnten, würde mich das sehr freuen.

Aber mein Dank gilt heute ausdrücklich all denen, die über Jahre hinweg mit Leidenschaft, starken Nerven und großer Beharrlichkeit für die Anerkennung gearbeitet haben!

„Über den Wind können wir nicht bestimmen, aber wir können die Segel richten.“ – so heißt es in einem alten Wikinger-Sprichwort, habe ich mir sagen lassen.

Sie, meine Damen und Herren, haben das Segelsetzen hervorragend verstanden. Sie alle haben Großes geleistet - und erreicht! Ganz Deutschland darf heute stolz sein, insbesondere aber die Hamburgerinnen und Hamburger! Vielen Dank.

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